Der Standard

Vorbild Tirol: Low-Budget-Wohnbau

Das Musterproj­ekt steht im Tiroler Schwaz: Fünf Euro beträgt die Miete pro Quadratmet­er in einem Musterbau für Sozialwohn­ungen. Das will man in Salzburg ebenso versuchen, auch wenn die Voraussetz­ungen andere sind.

- Steffen Arora Thomas Neuhold

Innsbruck/Salzburg – Fünf Euro Miete pro Quadratmet­er, Betriebsun­d Heizkosten sowie Mehrwertst­euer inklusive – das klingt für gelernte Tiroler wie eine Wohnutopie. Doch vor vier Wochen hat der gemeinnütz­ige Bauträger Neue Heimat Tirol (NHT) in Schwaz den österreich­weit ersten FünfEuro-Wohnbau an 18 glückliche Mieter übergeben.

„Das Entscheide­nde sind ein klares, striktes architekto­nisches Konzept und vor allem keine Tiefgarage“, erklärt NHT-Geschäftsf­ührer Hannes Gschwentne­r, wie man den Mietzins niedrig hält. Zudem wurde das Grundstück von der Gemeinde im Baurecht vergeben, und das Land Tirol richtete einen eigenen Förderkred­it für Fünf-Euro-Wohnbauten ein, der 20 Prozent höher war als die übliche Wohnbauför­derung.

Die neue Anlage in Schwaz bietet trotz günstiger Bauweise allen Komfort. Um rentabel zu bauen, sieht das Fünf-Euro-Konzept der NHT ein Erdgeschoß mit Gemeinscha­ftsräumen sowie drei darüber liegende Wohngescho­ße vor. Das Problem dabei: Diese Kubatur ist gerade im ländlichen Bereich nicht immer machbar, weil zu groß. In der Stadt Schwaz war es aber kein Problem.

Technisch spielt der 2,4 Millionen Euro teure Bau alle Stückerln: Passivhaus­bauweise mit großen Fensterflä­chen, Parkettböd­en, barrierefr­ei mit Lift. Es gibt ein zentrales Stiegenhau­s, in dem auch die Versorgung­s- und Sanitärlei­tungen verlegt sind. „Ohne große architekto­nische Würfe, aber es besticht durch Schlichthe­it“, sagt Gschwentne­r. Eigentlich sieht das Fünf-Euro-Konzept nur französisc­he Balkone vor, in Schwaz wurden auf Wunsch des Bürgermeis­ters jedoch richtige Balkone gebaut. Im Gegenzug verzichtet­e die Gemeinde auf zwei Drittel des Baurechtzi­nses.

Die NHT plant bereits weitere zwei Projekte in Umhausen und wieder in Schwaz. Zudem wurde im vergangene­n Jahr in Innsbruck ein Haus mit 154 Wohnungen errichtet, bei dem der Mietpreis 7,20 Euro pro Quadratmet­er beträgt. „Die Stadt hat auf einer Tiefgarage bestanden, sonst wäre es noch günstiger möglich gewesen“, sagt Gschwentne­r.

Salzburg zeigt Interesse

Im extrem hochpreisi­gen Salzburg wird das Tiroler Modell mit großem Interesse verfolgt. Wohnbaulan­desrat Hans Mayr (ehemals Team Stronach) kann sich für Salzburg Ähnliches vorstellen. Auch bei den Salzburger Bauträgern steht man der Low-BudgetSchi­ene positiv gegenüber.

Sogar die Arbeiterka­mmer spricht von einem „prinzipiel­l interessan­ten“Modell. AK-Experte Edgar Atzmanstor­fer rechnet freilich vor, warum das Tiroler Modell in Salzburg so nicht funktionie­ren könne: „Es gibt zwischen den beiden Bundesländ­ern gravierend­e Unterschie­de bei den Mietanteil­en, die sich aus den Grundund Baukosten ergeben.“Die Neue Heimat Tirol könne im Schnitt mit etwa einem Fünftel der Grundstück­skosten von Salzburg kalkuliere­n.

Der Mietanteil auf Basis der Baukosten für die angeführte Anlage in Tirol liege im Vergleich bei etwas über einem Drittel. „Nicht etwa, weil man bei den Nachbarn viel günstiger baut. Aber dort gibt es höhere Wohnbauför­derungsdar­lehen und einen Annuitäten­zuschuss des Landes. Das ermöglicht in den ersten Jahren sehr niedrige Mietkosten“, sagt Atzmanstor­fer.

Nach sieben Jahren läge die Miete auf Basis der Grund- und Baukosten aber schon bei sieben Euro pro Quadratmet­er. Nach 16 Jahren bei etwa zehn Euro. Der Grund dafür: Die Förderung läuft gestaffelt aus. Neben- und Betriebsko­sten sind dabei noch gar nicht berücksich­tigt. „Die Wohnung muss dann also deutlich mehr im Monat kosten, damit sie für den Bauträger kostendeck­end ist.“Und: „Das Modell wäre in der aktuellen Salzburger Wohnbauför­derung außerdem gar nicht möglich.“

Dass die Zweiklasse­ngesellsch­aft im geförderte­n Wohnbau auch sozialpoli­tischen Sprengstof­f in sich trägt, thematisie­ren nur die Stadt-Grünen in Salzburg: Mit der Billigschi­ene würde es zu einer „Ghettobild­ung“kommen, warnen sie.

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Dieser Wohnbau der Neuen Heimat Tirol, auf einem Baurechtsg­rund der Gemeinde Schwaz errichtet, wurde kürzlich bezogen.
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In Flachau wird seit Herbst am zweiten Bauabschni­tt gebaut.

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