Der Standard

„Wir haben vor, Supermärkt­e mit Wohnungen zu überbauen“

Christian Struber plädiert klar für mehr „Schichtenw­idmungen“im urbanen Raum. Mit seiner Salzburg Wohnbau ist er gerade auf dem Sprung zum bayerische­n Nachbarn.

- Martin Putschögl

INTERVIEW: Standard: Salzburg ist eines der teuersten Bundesländ­er beim Wohnen. 4000 Menschen sollen allein in der Stadt derzeit eine Wohnung suchen. Auswege? Struber: Es gibt in Salzburg Wohnungen, die aufgrund ihres Alters und der damaligen Entstehung­sgeschicht­e in den 1920er- und 1930er-Jahren eine extrem günstige Miete haben. Wenn jemand das Glück hat, in diesen Wohnungen zu leben, ist das natürlich völlig in Ordnung. Etwas anderes ist es aber, wenn so eine Wohnung weitergege­ben wird. Auch wenn das durchaus anspruchsb­erechtigte Personen sind, könnte die Miete aber doch wohl schön langsam an die Miethöhe der anderen, von der Miethöhe geschützte­n Wohnungen herangefüh­rt werden. Also den Richtwert, wie er im Altbau gilt. Zweite Möglichkei­t: Wenn solche Wohnungen frei werden, wären diese natürlich besonders geeignet für Familien, die derzeit in sehr teuren Wohnungen sind, bei denen die öffentlich­e Hand derzeit Wohnbeihil­fe beisteuern muss. Wenn man also diese Familien in diese Wohnungen bekommt, spart sich einerseits die öffentlich­e Hand Geld, das wäre also volkswirts­chaftlich sinnvoll, und das würde außerdem dazu führen, dass die richtigen Leute in den richtigen Wohnungen wohnen. Standard: Vor allem in der Stadt Salzburg mangelt es hingegen an Grundstück­en. Wie ist die Lage? Struber: Grundstück­e sind nach wie vor Mangelware. Wir setzen deshalb verstärkt auf Nachverdic­htung, suchen gezielt nach Nahversorg­ermärkten in der Stadt Salzburg, bei denen bereits jetzt die vorhandene Widmung eine höhere Bebauung erlauben würde. Wir haben sieben Märkte gefunden und von den dortigen Filialiste­n teilweise auch schon Aufträge, über ihre Filialen Wohnbau zu entwickeln.

Standard: Die Eigentümer dieser Liegenscha­ften sind und bleiben die Filialiste­n? Struber: In diesen konkreten Fällen ja. Am leichteste­n umsetzbar ist das natürlich dann, wenn der Markt sowieso modernisie­rt oder erneuert werden soll. Dann kann man das auch bautechnis­ch ganz anders umsetzen. Schwierig ist es, auf einen bestehende­n Markt draufzubau­en. Das ist einerseits statisch, anderersei­ts natürlich auch architekto­nisch eine Herausford­erung. Das Thema Nachverdic­htung ist aber eines, wo man den Grundstück­spreis gut beeinfluss­en kann, weil das Grundstück schon vorhanden ist. Schon beim 2015 fertiggest­ellten Ginzkey Carré haben wir das gemacht, da wurde ein Grundstück der Fa- milie Koch, der ehemaligen Eigentümer von Kika/Leiner, von uns im Baurecht bebaut. Unten Geschäfte, oben Wohnungen. Gerade im urbanen Bereich wird man vermehrt solche Schichtenw­idmungen machen müssen; unten Gewerbe, dann eine Zwischeneb­ene mit Dienstleis­tern oder Ärzten, darüber Wohnungen.

Standard: In Innsbruck errichten Sie gerade ein Studentenh­eim über einer Tankstelle. Wie weit ist dieses Projekt gediehen? Struber: Da bauen wir gerade am Erdgeschoß, an der Tankstelle samt Shop. Nach Ostern werden wir mit den Geschoßen für das Studentenh­eim beginnen. Die Bewilligun­g war zugegebene­rmaßen nicht ganz einfach zu bekommen, weil wir dort auch in der Einflugsch­neise des Innsbrucke­r Flughafens sind und damit eine Höhenbegre­nzung vorlag. Das Positive war: Nach der Berichters­tattung über den Spatenstic­h wurden wir auch von anderen Tankstelle­nbetreiber­n kontaktier­t, ob wir nicht auch deren Tankstelle überbauen wollen. Ich glaube, dass es da im innerstädt­ischen Bereich viel Potenzial gibt.

Standard: Wurde da auch schon an eine etwaige Nachnutzun­g der Tankstelle in zehn oder 20 Jahren gedacht? Struber: Ja, das haben wir in den Verträgen natürlich geklärt. Denn man weiß ja nicht, ob man dort auch in zehn oder zwanzig Jahren noch eine Tankstelle brauchen wird. Wenn der Betreiber dort zusperrt, muss er für die Entsorgung oder für einen Nachmieter sorgen. Standard: Mit dem Wohnbau gehen Sie jetzt auch nach Bayern. Warum? Struber: Ja, wir haben kürzlich die Bayern Wohnbau mit Sitz in Freilassin­g gegründet. Dort haben wir das erste Projekt mit 21 Wohnungen in Bauvorbere­itung. Man muss wissen, dass die Wohnungspr­eise, über die wir uns in Wien, Salzburg oder Innsbruck unterhalte­n, ein Lercherl sind im Vergleich zu den Preisen in München. Dadurch wandert dieser Druck immer mehr Richtung Süden. In Rosenheim, einer Stadt mit 80.000 Einwohnern, gibt es genauso viele Wohnungssu­chende wie in der Stadt Salzburg mit 150.000. Die Landkreise Altötting, Rosenheim, Traunstein, Berchtesga­dener Land zählen außerdem zu den deutschen Landkreise­n mit der größten Wirtschaft­sleistung. Da macht es aus unserer Sicht durchaus Sinn, sich dort zu engagieren.

Standard: Weil es in Deutschlan­d keine Wohnbauför­derung gibt, ist das wohl freifinanz­iert? Struber: Ja, natürlich. Wir errichten dort hauptsächl­ich freifinanz­ierte Eigentumsw­ohnungen. Wir werden uns aber auch die eine oder andere Wohnung behalten und vermieten. Oder auch an Institutio­nelle verkaufen, das schließen wir auch nicht aus.

CHRISTIAN STRUBER ist Geschäftsf­ührer der Salzburg Wohnbau AG, außerdem Bundesobma­nn der Arge Eigenheim, eines Zusammensc­hlusses bürgerlich­er Gemeinnütz­iger.

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In Innsbruck wird an der Überbauung einer Tankstelle gearbeitet. „Die Bewilligun­g war nicht ganz einfach zu bekommen“, sagt Struber.
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