Zehntausende demonstrierten in Budapest
„Lex CEU“: Proteste gegen Anti-Uni- Gesetz, Erwartungsdruck auf Präsident Áder
Zehntausende Menschen haben sich am späten Sonntagnachmittag am Fuß der Budaer Burg zu einem eindrucksvollen Protestzug formiert. Die Kundgebung galt einem in der vergangenen Woche im Eilverfahren beschlossenen Gesetz der rechts-populistischen Regierung, das die amerikanisch geführte, international anerkannte Central European University (CEU) in Budapest zur Schließung zwingen soll. Unter Rufen „Ein freies Land! Freie Bildung“marschierte die Kolonne über die Kettenbrücke zum Parlament am Kossuth-Platz. Aufgerufen hatte zu der Kundgebung die Facebook-Gruppe „Für Bildungsfreiheit“. Sie war im Vorfeld des Gesetzesbeschlusses spontan entstanden und vermochte bereits am Sonntag vor einer Woche an die 10.000 Demonstranten zu mobilisieren.
Die an diesem Sonntag aufgezogene Menge stellte die Proteste der Vorwoche in den Schatten. Während die ersten Kundgebungsteilnehmer am Kossuth-Platz eintrafen, wartete das hintere Ende der eng gehenden Kolonne geduldig darauf, über die Kettenbrücke gehen zu können. Vor dem Parlament rief die Menge: „János, unterschreib nicht!“Gemeint war damit Staatspräsident János Áder, dem das Gesetz nun zur Gegenzeichnung vorliegt. Schon vor der Kundgebung am Sonntag hatten ihn zahlreiche Staatsbürger, Institutionen und Prominente in Briefen dazu aufgefordert, dem als Novelle zum Hochschulgesetz getarnten Anlassgesetz die Rechtskraft zu verwehren.
Das Staatsoberhaupt aus den Reihen der rechts-populistischen Regierungspartei Fidesz muss sich dieser Tage zwischen drei Optionen entscheiden. Er kann die „Lex CEU“mit seiner Unterschrift passieren lassen, er kann sie zur Neubewertung an das Parlament zurückgeben, und er kann sie an das Verfassungsgericht verweisen. In letzterem haben inzwischen Fidesz-treue Richter eine solide Mehrheit. Eine Rückgabe an das Parlament würde es der Regierung von Ministerpräsident Viktor Or- bán erlauben, ohne gröberen Gesichtsverlust aus der Sache herauszukommen, indem sie in der zweiten Lesung die auf die Verunmöglichung der CEU abzielenden Passagen aus dem Gesetz nimmt.
Denn der internationale Druck auf die Orbán-Regierung lässt nicht nach. Zu Wochenbeginn reist der Europa-Beauftragte der US-Regierung, Hoyt Yee, nach Budapest. Orbán hatte darauf gesetzt, dass der US-Präsident die Attacke gegen den als Trump-Kritiker bekannten CEU-Gründer und USMilliardär George Soros goutieren würde. Doch jenseits des Atlantiks gilt die akademische Freiheit parteiübergreifend als höheres Gut als Ressentiments gegen bestimmte Personen.