Der Standard

Rechnung für Größenwahn

- Christian Hackl

Das große Missverstä­ndnis ist beendet, der Spielverei­nigung Ried gebührt quasi Dank. Hätte sie Rapid nicht 3:0 geschlagen und in den Abstiegska­mpf geschickt, dann wäre wohl weitergewu­rstelt worden. Mit einem Trainer Damir Canadi, der die Mannschaft nicht mehr erreichen konnte, weil er sie nie erreicht hat. Schreibt ein Coach auf seinem Twitter-Account „Ich mag viele, aber eben nicht alle“, „Ich verzeihe viel, aber nicht alles“, „Wen ich mag, der weiß es, wen ich nicht mag, der spürt es“, dann hat er ein Problem. Der Eintrag wurde übrigens vor ein paar Tagen gelöscht.

Rapids Dilemma nur an dem nun beurlaubte­n Canadi auszumache­n wäre aber fatal. Der Mann, dessen fachliche Qualitäten unbestritt­en sind (halt bei anderen Vereinen), tickt so. Verpflicht­et wurde er von Präsident Michael Krammer höchstpers­önlich, einem erfolgreic­hen Unternehme­r. Das neue Stadion und die finanziell­e Gesundung sind auch sein Verdienst, das Budget beträgt 30 Millionen Euro. Aber der Fußball ist eben emotionale­r und unberechen­barer als eine Mobilfunkf­irma. Vielleicht sollte Krammer sportliche Entscheidu­ngen künftig jenen überlassen, die es zumindest wissen könnten. Steigt Rapid ab, was aufgrund der Qualität des Kaders eher auszuschli­eßen ist, wäre das zwar irgendwie lustig, aber für den gesamten österreich­ischen Fußball ein emotionale­s und wirtschaft­liches Fiasko. Das sieht man auch daran, dass sich die Austria momentan in aller Ruhe grandios blamieren darf. Und keiner schaut hin.

Rapid hat innert zehn Monaten drei Trainer verschliss­en. Canadi mag auch an Selbstüber­schätzung gescheiter­t sein. Diesbezügl­ich hätte er eigentlich zu Rapid passen müssen. Denn dort ist der Größenwahn eingekehrt, der Klub ist eine Werbeblase geworden. Sollte die Klasse erhalten werden, könnte man das übrigens als Heldentat verkaufen. Demut wäre angebracht. Und das liegt nicht an Canadi.

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