Der Standard

Steuerlast für Arbeitnehm­er deutlich gesunken

Noch vor einem Jahr gab es in der OECD nur ein Land, in dem den Arbeitnehm­ern vom Staat mehr vom Lohn abgezogen wurde als in Österreich. Aufgrund der Steuerrefo­rm vom Vorjahr sind es mittlerwei­le fünf. Ökonomen geht die Senkung aber nicht weit genug.

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Wien – Wenn es um Steuern geht, sollten sich die Österreich­er besser nicht auf ihr Bauchgefüh­l verlassen. Die Mehrheit gab im Vorjahr in einer GfK-Umfrage an, von der Steuerrefo­rm in ihrer eigenen Tasche nichts zu spüren. Die Reform senkte quer durch die Bank die im internatio­nalen Vergleich hohen Abzüge vom monatliche­n Lohn. Eine Studie der Industriel­änderorgan­isation OECD zeigt nun, dass in keinem anderen reichen Land der Welt die Lohnabgabe­n im Vorjahr so stark zurückgega­ngen sind wie in Österreich.

Einem alleinsteh­enden Durchschni­ttsverdien­er wurden im Vorjahr 47,1 Prozent seines Lohns abgezogen, das meiste davon entfällt auf Lohnsteuer­n, Pensions- und Krankenver­sicherung. Vor der Steuerrefo­rm waren es 2,5 Prozentpun­kte mehr. Damit ist die Quote so niedrig wie seit 2002 nicht mehr, der Rückgang ist mehr als doppelt so stark als bei der letzten Steuerrefo­rm 2009.

In den vergangene­n Jahren sind die Abgaben aber kontinuier­lich angestiege­n, und auch nach der Reform gibt es in der ganzen OECD nur fünf Länder, die mehr vom Lohn abziehen als Österreich.

Lohnsteuer gar nicht so hoch

Besonders hoch sind in Österreich die Abzüge für die Sozialvers­icherung. Hier liegt das Land auf Platz drei in der OECD. Die Lohnsteuer­n sind im internatio­nalen Vergleich dafür relativ niedrig, in 22 von 35 OECD-Ländern müssen Arbeitnehm­er Monat für Monat mehr von ihrem Einkommen an den Staat abführen. Von den 47,1 Prozent an Abgaben machen sie nur 10,8 Prozentpun­kte aus.

Wie der Sozialstaa­t finanziert wird, unterschei­det sich von Land zu Land teils stark. In Skandinavi­en etwa sind die Sozialvers­icherungsa­bgaben niedriger. Dafür werden Pensions-, Gesundheit­sund andere Sozialleis­tungen stärker aus dem allgemeine­n Budget bezahlt.

Die Länder dieser Region haben noch etwas gemeinsam: Sie stellen ihr Abgabensys­tem seit ängerem um und ziehen den Arbeitnehm­ern Jahr für Jahr etwas weniger vom Lohn ab, sagt Michelle Harding, OECD-Steuerexpe­rtin, dem STANDARD. Ökonomen raten der österreich­ischen Politik seit einiger Zeit ähnliche Maßnahmen, um die stark gestiegene Arbeitslos­igkeit zu senken. In Österreich steigen die Abgaben tendenziel­l Jahr für Jahr, wenn nicht gerade eine Reform stattfinde­t.

Langsamer Rückgang

Über alle OECD-Länder hinweg liegt die durchschni­ttliche Abgabenquo­te bei 36 Prozent (Österreich 47,1 Prozent). Im Vergleich zum Jahr davor bedeutet das einen leichten Rückgang um 0,1 Prozentpun­kte. Das entspricht einem längerfris­tigen Trend: Unmittelba­r nach Ausbruch der Finanzund Wirtschaft­skrise im Jahr 2008 ist die Quote gestiegen. Fünf Jahre später war der Höhepunkt erreicht, seitdem fällt sie wieder – zwar langsam, aber doch.

OECD-Steuerexpe­rte Pascal Saint-Amans stellte bei der Prä- sentation der Zahlen am Dienstag einmal mehr in den Vordergrun­d, was neben seiner auch andere Wirtschaft­sorganisat­ionen wie der IWF immer wieder fordern: die Steuern auf Arbeit zu senken und stattdesse­n vermehrt auf Umwelt- oder Vermögenss­teuern zu setzen. Steuersenk­ungen könnten laut Saint-Amans vor allem im Bereich der kleinen und mittleren Einkommen Arbeitsanr­eize schaffen und so ein Motor für mehr Wachstum sein, das allen zugutekomm­e. (sat, smo)

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