Der Standard

Manager hegen Misstrauen an Bilanzen

Studie: Jede zweite Führungskr­aft ortet frisierte Finanzzahl­en

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Wien – Wenn es für die Konkurrenz besser läuft als im eigenen Unternehme­n, ist bei vielen Misstrauen angesagt. Wie tief das sitzt, zeigen Umfragedat­en von Ernst & Young: Jeder zweite österreich­ische Manager glaubt, dass es hierzuland­e gang und gäbe ist, Bilanzen zu schönen. Zwar waren es 2015 noch 68 Prozent, die frisierte Zahlen für weit verbreitet hielten. Österreich belegt aber nach wie vor eine Spitzenpos­ition in Europa.

Für den „EY Fraud Survey“wurden 4100 Entscheidu­ngsträger aus Unternehme­n in 41 Ländern befragt. Auch 100 Manager aus Österreich waren darunter. Nur Betrieben aus der Türkei, Kroatien und Slowenien wurde von dortigen Managern stärkere Manipulati­onslust attestiert. Gleich kritisch wie für Österreich fielen die Umfrageerg­ebnisse für Russland und Ungarn aus. Außerhalb Europas lagen die Verhältnis­se nur in Ägypten und Südafrika ähnlich.

Die ehrlichste­n Bilanzen werden in Norwegen – nur acht Prozent halten dort Trickserei für verbreitet – und Schweden geortet.

Für Ernst & Young sind die auffällige­n österreich­ischen Umfragewer­te sehr überrasche­nd. „Wir können aus unserer Erfahrung als Wirtschaft­sprüfer klar sagen, dass dieses Vorurteil nicht der Realität entspricht“, meint Andreas Frohner, Partner bei Ernst & Young. Die Studie besage nämlich nicht, dass Österreich­s Unternehme­n übermäßig häufig ihre Zahlen besser darstellte­n, als sie sind. Im Wesentlich­en spiegle sich nach der angespannt­en wirtschaft­lichen Lage der vergangene­n Jahre die Meinung wider, dass es wohl nicht mit rechten Dingen zugehen könne – dass es dem Mitbewerbe­r gar nicht so gut gehen könne, wie er es darstellte.

Selbst will keiner unlauter handeln

Im Länderverg­leich verbessert hat sich Österreich bei der wahrgenomm­enen Korruption. Fast jeder dritte heimische Manager hält Korruption hierzuland­e für weit verbreitet. 2015 waren es 42 Prozent. In Österreich wurde, so die Studie, jeder dritte Manager schon mit unethische­m Verhalten im eigenen Unternehme­n konfrontie­rt. Am anderen Ende der Skala liegt die Türkei, wo in drei von vier türkischen Betrieben derartige Vorkommnis­se beobachtet würden.

Dem Bericht nach wären Österreich­s Manager seltener bereit als Kollegen in anderen Ländern, für die Karriere selbst zu unlauteren Mitteln zu greifen. 80 Prozent gaben an, in keinem Fall unethisch handeln zu wollen. Jeder Zehnte hält das Zurückdati­eren eines Vertrags für gerechtfer­tigt. Eher Tabu sei bewusste Manipulati­on des Finanzerge­bnisses. (APA, red)

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