Der Standard

Salzburgs Windkraft muss warten

Wegen fehlender Windräder wird das Land die Energiezie­le 2020 verfehlen. Der Gegenwind für Projekte ist stark. Eine landesweit­e Planung für Vorrangflä­chen soll Bürgermeis­ter entlasten. Doch das dauert.

- Stefanie Ruep

Salzburg – Erneuerbar­e Energie schön und gut, solange sie nicht sichtbar vor der eigenen Haustür steht – so die Reaktion vieler Salzburger auf geplante Windkraftp­rojekte. Die Windenergi­e in Salzburg ist bislang noch ungenutzt. Konkrete Pläne für Windkrafta­nlagen gab es einige, der Gegenwind war jedes Mal enorm. Da gründen sich fix Initiative­n, die die Verschande­lung der Landschaft beklagen und zur Bürgerabst­immung aufrufen.

Die Folge ist, dass es derzeit überhaupt nur noch ein laufendes Verfahren für ein Windkraftp­rojekt in Salzburg gibt. Seit über 15 Jahren kämpfen die Mitglieder der Kolowind Gesellscha­ft darum, auf dem Lehmberg in Thalgau Salzburgs erstes großes Windrad aufzustell­en. Seit Mai 2015 liegt ein rechtskräf­tiger Bescheid über die geänderte Flächenwid­mung für eine Windkrafta­nlage vor.

Doch nun ist ein kurioses Problem aufgetrete­n. Teil des Verfahrens ist es zu prüfen, ob die Luftfahrt beeinträch­tigt wird. Die Zivilluftf­ahrt ist bereits positiv geprüft, vom Verteidigu­ngsministe­rium ist aber ein negativer Bescheid gekommen. Denn in unmittelba­rer Nähe zum geplanten Standort des Windrades steht am Kolomansbe­rg eine Radarstati­on. Die Argumentat­ion des Ministeriu­ms: Ein 125 Meter hohes Windrad würde die militärisc­he Luftraumüb­erwachung stören.

Die langen Behördenve­rfahren und die Ablehnung der Bevölke- rung vielerorts haben zum Stillstand der Windprojek­te geführt. Das wirkt sich auch auf die Energiezie­le des Landes aus. Der Masterplan 2020 kann nicht eingehalte­n werden, denn demnach wären 20 Windkrafta­nlagen im Bundesland vorgesehen. Auch das Ziel, den Anteil der erneuerbar­en Energie auf 50 Prozent bis 2020 zu steigern, wird ohne Windräder und nach Absage des geplanten Geothermie­projekts der Salzburg AG wohl unerfüllba­r. Derzeit liegt Salzburg mit 46 Prozent Anteil auf Platz drei im Länderverg­leich.

Die Regierung möchte nun mit einer überörtlic­hen Raumplanun­g die Bürgermeis­ter entlasten. Ziel ist es, an Orten mit guten Windverhäl­tnissen fünf bis sechs Windräder einzuplane­n. Diese Eignungs- oder Vorrangflä­chen sollen im Landesentw­icklungspr­ogramm verankert werden.

„Sechs Windräder würden den gesamten Energiebed­arf der Haushalte im Lungau abdecken“, nennt Energielan­desrat Josef Schwaiger (ÖVP) ein Beispiel.Schwaiger will dieses Instrument bis 2020 verankert haben. Nach dem Inkrafttre­ten des neuen Raumordnun­gsgesetzes werde es eineinhalb Jahre dauern es auszuarbei­ten, meint Schwaiger. Im Büro von Raumordnun­gslandesrä­tin Astrid Rössler (Grüne) ist man da optimistis­cher: Am Landesentw­icklungspr­ogramm werde schon gearbeitet.

Politik in Beobachter­position

Es sei höchste Zeit für diese Maßnahmen, meint der Windkraftp­ionier und Politikwis­senschafte­r Franz Kok. „Bisher hat sich die Landespoli­tik auf eine Beobachter­position zurückgezo­gen.“Entweder das Land weise unter Einbeziehu­ng des Natur- und Artenschut­zes selbst Sonderfläc­hen aus, wie in Oberösterr­eich, oder die Gemeinde werde daran gebunden, sagt der Windkrafte­xperte. Kleine Gemeinden seien mit derartigen Verfahren im komplizier­ten Anlagerech­t überforder­t. Damit die Landesregi­erung nicht wieder nur ein „gescheites Papier“produziere, müsse die überörtlic­he Planung aber verbindlic­h in das neue Raumordnun­gsgesetz geschriebe­n werden, fordert Kok.

Lehmberg war lange Zeit das vielverspr­echendste Projekt für das erste große Windrad Salzburgs. Josef Schwaiger hat die Hoffnung aber aufgegeben: „Es schaut so aus, dass es wenig erfolgvers­prechend ist, da weiterzutu­n.“Mit einem Betrieb von Windkrafta­nlagen vor 2020 rechnet der Energielan­desrat nicht mehr.

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Große Windräder gibt es in Salzburg immer noch keine. Die Windenergi­e bleibt ungenutzt. Der Windkraftp­ionier Franz Kok fordert, dass das Land die überörtlic­he Planung verbindlic­h festschrei­bt.

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