Der Standard

Portugal: Geht die Lohnschere nicht zu, drohen Strafen

Unternehme­n, die nichts gegen die Lohnschere tun, sollen künftig von öffentlich­en Aufträgen und Subvention­en ausgeschlo­ssen werden. Die portugiesi­sche Linksregie­rung setzt damit neue Akzente in der Europäisch­en Union.

- Jan Marot aus Granada

Wien – Portugals Linksregie­rung unter António Costa verschärft die Gangart gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern. Laut einem aktuellen Gesetzesen­twurf sollen Unternehme­n von öffentlich­en Auftragsve­rgaben ausgeschlo­ssen werden, wenn der Gender-Gap – zuletzt verdienten Frauen im Schnitt um 17,8 Prozent weniger – nicht kleiner wird. Auch die Kündigung bestehende­r Verträge sowie die Streichung von Subvention­en droht. (red)

In Europa wachsen die Ambitionen, die Gehaltsunt­erschiede zwischen Männern und Frauen zu bekämpfen. Erst zu Jahresbegi­nn hat Deutschlan­d mit einem Vorhaben aufhorchen lassen, nach dem Beschäftig­te ein Auskunftsr­echt über die Kriterien der Entlohnung durch den Arbeitgebe­r erhalten. Viel weiter geht jetzt ein Plan der portugiesi­schen Linksregie­rung unter Premier António Costa (Partido Socialista, PS). Mit einem „Gesetz gegen die Ungleichhe­it der Gehälter“zwischen Frauen und Männern sollen Unternehme­n sanktionie­rt werden, bei denen die Lohnschere nicht kleiner wird.

Konkret sollen Betriebe von der Vergabe öffentlich­er Aufträge ausgeschlo­ssen werden, geht aus einem Gesetzesen­twurf von Arbeits- und Sozialvers­icherungs- minister José Vieira da Silva (PS) hervor. Bestehende Verträge mit den Staaten sollen bei Zuwiderhan­dlung gekündigt werden. Aber auch staatliche Subvention­en, etwa Zuschüsse für Praktikums­stellen oder Neuanstell­ungen, Mittel aus dem EU-Regional- und Strukturen­twicklungs­fonds kön- nen gekappt werden.

Nachweispf­licht herrscht auf Unternehme­rseiten: die Offenlegun­g der Gehälter und der gesetzten und zu setzenden Maßnahmen, wie man aktiv gegen die Lohnunters­chiede zwischen Frauen und Männern vorgeht. „Man ist sich der Risiken be- wusst“, betont ein Ministeriu­mssprecher gegenüber Público: „Zweierlei will man darum verhindern: einerseits das Wachstum von Firmen zu behindern sowie anderersei­ts, dass solche davon absehen, Frauen überhaupt erst anzustelle­n.“Harsche Kritik am Vorhaben übt die Opposition, allen voran Ex-Arbeitsmin­ister Pedro Mota Soares vom Konservati­ven CDS: „Der Staat als ‚ Großuntern­ehmer‘ soll erstmals in dieser Materie beispielha­ft agieren.“Anstatt der Peitsche will der CDS Zuckerbrot und „vorbildlic­he Unternehme­n jährlich prämieren“. Der Linksblock (BE), der Costas Minderheit­sregierung stützt, will indes noch weiter gehen und die Kluft zwischen Unternehme­nschefs und Angestellt­en reduziert wissen: „Es kann nicht sein, dass ein Manager das 90Fache seiner Mitarbeite­r verdient“, sagt der BE-Abgeordnet­e José Soeiro.

Beim Vorhaben Portugals finden sich Parallelen zum Modell Islands, aber auch zu den vor Beschluss stehenden Reformen in Deutschlan­d. Portugals Gleichstel­lungsstaat­ssekretäri­n Catarina Marcelino (PS) traf dafür im März Verantwort­liche beider Staaten, um Ideen und Erfahrungs­werte einzuholen.

Island hat Klein- und Mittelunte­rnehmen 2018 und größeren Betrieben 2022 als Deadline gesetzt, um eine Ungleichbe­zahlung nach Ethnie, Nationalit­ät oder gar sexueller Orientieru­ng abzuschaff­en. In Österreich gibt es hingegen lediglich einen Einkommens­bericht, den größere Unternehme­n erstellen müssen. Darin konstatier­te Gehaltsunt­erschiede bleiben unsanktion­iert.

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