Der Standard

Von vereisten Beziehunge­n

Donizettis Oper „Maria Stuarda“am Stadttheat­er Klagenfurt in konzertant­er Fassung

- Michael Cerha

Klagenfurt – In Klagenfurt beugt Maria Stuart ihren Hals heuer zweimal unter das Fallbeil. Nicht in Anlehnung an die Pradler Ritterspie­le, sondern aus einer Spielplang­estaltung, von der man nicht genau weiß: Ist sie sparsam, weil nach der Spielserie von Schillers Maria Stuart bei Gaetano Donizettis Maria Stuarda die Bebilderun­g verzichtba­r war, oder ist sie luxuriös, da den Vergleich zweier höchstwert­iger künstleris­cher Auseinande­rsetzungen mit demselben Thema sonst nur finanzkräf­tigere Kulturstäd­te wagen.

Entscheide­n wir uns dafür, dass es beides zugleich ist. Nämlich umso mehr, weil erstens das Stadttheat­er Klagenfurt bei der Besetzung von Gaetano Donizettis Tragedia lirica eine durchaus glückliche Hand bewiesen hatte und weil zweitens die Wiederbege­gnung mit dieser Kompositio­n ein hinreißend­er Belcanto-Genuss ist.

Seit die Königin von Neapel 1834 bei der Generalpro­be der dann abgesagten Uraufführu­ng in Ohnmacht gefallen ist, zählt die mittlere der drei Tudor-Opern zu den mäßig erfolgreic­hen Werken von Donizetti. Im Winter 1835 waren die Protagonis­tinnen beide erkältet, der Komponist verließ die Scala im Streit, und seine Maria Stuarda verschwand für ganze 123 Jahre von der Bühne.

Die Herausford­erung

Dabei ist die Beichtszen­e, der Auslöser der besagten königlichn­eapolitani­schen Bewusstlos­igkeit, wirklich eine Herausford­erung für sensible Gemüter. Und die Zeichnung der Charaktere in all den anmutigste­n Kavatinen, Arien und Ensembles ist für die vorverdisc­he Epoche ungemein effektvoll.

Dass Angela Browers (als Elisabetta) in den Höhen eine metallisch­e Kälte ausstrahlt, das fügt sich ganz passend in ihren Streit mit der von Anush Hovhannisy­an verkörpert­en Rivalin, in dem beide – lediglich mit verschiede­ner Akzentuier­ung – den gleichen Melodienbö­gen folgen. Da ist das Libretto Giuseppe Bardaris vollkommen bei Schiller.

Nicht so im Finale, in dem der weise Talbot zum Priester und Maria Stuart zu einer sehr italienisc­hen Heiligen wird. Es ist halt eben Oper – da kann der anno 1800 in Jena sehr zwiespälti­g konzipiert­e Leicester schon einmal auf seine lyrische Verehrung der Stuart beschränkt werden.

Die Beziehunge­n

Der aufstreben­de Portugiese Carlos Cardoso gibt diesem Liebhaber hier alle Klangwärme und Gefühlsinn­igkeit. Das ist allerdings auch von Hovhannisy­ans Maria Stuart zu sagen. Das ganze Unterfange­n (samt Dirigentin Gie- dre Šlekyte und Orchester) hat sich also den sehr begeistert­en Schlussapp­laus letztlich redlich verdient.

Vielleicht wird in den Folgevorst­ellungen auch noch mehr Einvernehm­en darüber erzielt werden, ob man in dieser konzertant­en Aufführung nur geradeaus ins Parkett singen oder doch die Beziehunge­n der Figuren zueinander, die es zweifelsoh­ne ja gibt, zumindest ein bisschen quasi auch szenisch andeuten soll. Stadttheat­er Klagenfurt am 20., 25., 28. April und 2. Mai

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