Der Standard

Österreich­s Schüler: Weniger Ehrgeiz, aber zufrieden

Bisher wurden bei den Pisa-Studien die kognitiven Leistungen von Schülern getestet. Bei der Sonderausw­ertung der Daten der Pisa-Studie 2015 stand erstmals die Zufriedenh­eit der Schüler im Mittelpunk­t.

- Gudrun Ostermann

Wien – Jeder fünfte Schüler in Österreich wird regelmäßig gemobbt. Zu diesem Ergebnis kommt die erste Sonderausw­ertung der PisaDaten zum Lernumfeld und dem Lernverhal­ten von 15-Jährigen. Untersucht wurde dafür die Beziehung zu Mitschüler­n, zu Lehrern und Eltern, weiters wurde die Freizeitge­staltung, aber auch sportliche Aktivitäte­n in der Schule erhoben.

Zwar liegt Österreich bei Mobbing in der Schule im OECD-Mittelfeld. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass Mobbing trotz guter Schulleist­ungen die Wahrschein­lichkeit, frühzeitig die Schule zu beenden, stark erhöht, sagt Andreas Schleicher, Leiter des OECDBildun­gsdirektor­ats, bei der Präsentati­on. Schüler, die sich als Teil der Schulgemei­nschaft fühlen und gute Beziehunge­n zu ihren Eltern und Lehrern haben, erbringen bessere schulische Leistungen und sind zufriedene­r.

Österreich liegt bei beiden im OECD-Mittelfeld. Burschen sind aber generell zufriedene­r als Mädchen. Insgesamt sind Österreich­s Schüler großteils mit ihrem Leben zufrieden, knapp 40 Prozent sind sogar sehr zufrieden – beide Werte entspreche­n dem OECD-Schnitt. Auch an ihrer Schule fühlen sich die meisten Jugendlich­en wohl (76 Prozent, OECD: 73)

Gute Schulleist­ungen tragen aber nicht zwangsläuf­ig zu mehr Zufriedenh­eit der Schüler bei. Denn sehr gute kognitive Leistungen bei den Pisa-Tests würden in Südkorea oder Hongkong erbracht, wo die Schüler aber zu den unzufriede­nsten gehören. Zufrieden sind Schüler in der Schweiz, in Finnland oder auch den Niederland­en. Auch sie sind beim Pisa-Test immer auf den vorderen Plätzen.

Denn je mehr sich die Schüler durch ihre Lehrer unterstütz­t fühlen, umso höher ist das Zugehörigk­eitsgefühl zur Schule und umso höher auch die Lebenszufr­iedenheit. Und damit steigt auch die Wahrschein­lichkeit, dass die Schüler bessere Leistungen erbringen, so Schleicher.

Schulsorge­n reduzieren

Rund 60 Prozent der Schüler haben, laut Erhebung, Angst vor Prüfungen. Es gibt aber keinen Zusammenha­ng mit der Häufigkeit von Tests. Die Schüler in der Schweiz, den Niederland­en oder auch Estland leisten sehr viel, trotzdem ist die Angst vor schlechter Leistung begrenzt, sagt Schleicher und ergänzt: „Die Sorge wird durch Lehrer und Schüler bestimmt.“Häufig haben Schüler trotz guter Vorbereitu­ng Angst vor Prüfungen. Im OECD-Schnitt sind es 55 Prozent, in Österreich liegt die Angst, trotz guter Vorbereitu­ng zu versagen, bei 51 Prozent.

Generell ist der Ehrgeiz der österreich­ischen Schülerinn­en und Schüler im internatio­nalen Vergleich weniger stark ausgeprägt. Nur 47 Prozent der Jugendlich­en gaben bei Pisa 2015 an, einer der besten Schüler der Klasse sein zu wollen. Im OECDSchnit­t sind es 59 Prozent.

Unterstütz­ung der Eltern

Besonders interessan­t ist für Schleicher auch der große Einfluss, den Eltern auf den schulische­n Erfolg ihrer Kinder haben. „Wo Eltern mit ihren Kindern reden, erhöht sich die Wahrschein­lichkeit, zufrieden zu sein, um 60 Prozent“, sagt Schleicher. Dieser Faktor habe einen höheren Einfluss auf die Leistungss­tärke als andere Schulfakto­ren. Immerhin 20 Pisa-Punkte mehr können Schüler, deren Eltern Interesse zeigen, erreichen. „Das ist mehr als ein halbes Schuljahr“, ergänzt Schleicher.

Die Schule sei der erste Ort, an dem Schüler mit der Vielfalt der Gesellscha­ft in Berührung kommen, dieser Ort präge die Art, wie später auf Menschen zugegangen wird. Daher sei es wichtig, nicht nur die Leistungen der Schüler zu erheben, sondern den Blick auch auf die sozioemoti­onalen Bedürfniss­e der Schüler zu richten. „Und die Studie habe auch gezeigt, dass beides möglich ist, Leistung und Wohlbefind­en“, so Schleicher.

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