Der Standard

Körperkame­ras mit beruhigend­em Effekt

Ministeriu­m lässt Polizisten bundesweit Bodycams tragen, Datenschüt­zer skeptisch

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Wien – Befestigt werden die kleinen Kameras an der UniformBru­sttasche eines Polizisten respektive einer Polizistin, oder aber weiter oben, in Schulterhö­he. Die Aufnahme wird durch einen Schieber am Gerät, bei einem anderen Modell durch einen Knopf an einem Armband, gestartet. Sobald die Body-worn Camera (kurz: Bodycam) läuft, dokumentie­rt sie jede Handlung des amtsbehand­elten Gegenübers. Und hält auf der Tonspur darüber hinaus auch das Verhalten des Beamten fest.

Im Rahmen des im April abgeschlos­senen einjährige­n PolizeiPil­otprojekts mit bundesweit 20 Bodycams habe dies in der Praxis „einen deeskalier­enden Effekt“gezeitigt, sagt Innenminis­teriumsspr­echer Karl-Heinz Grundböck. Das Wissen, beweissich­ernd gefilmt zu werden, wirke auf offen aggressive Personen dämpfend. Die gleiche Erfahrung macht man derzeit auch bei der ÖBB, wo Mitarbeite­r in Wien, Graz und Linz seit Dezember 2016 mit Körperkame­ras ausgestatt­et werden.

Zusätzlich beruhigend, so der Ministeriu­mssprecher, wirke, dass Polizisten das Kameraeins­chalten ankündigen müssten: So schreibt es das Sicherheit­spolizeige­setz seit einer im März 2016 in Kraft getretenen Novelle vor. Dem Gegenüber verschaffe das offenbar eine Art Nachdenkpa­use.

Aus all diesen Gründen habe das Innenminis­terium beschlosse­n, die Bodycams ab Ende 2017 oder Beginn 2018 in den PolizeiEch­tbetrieb zu übernehmen, erläutert der Sprecher. Bis dahin werde man Ausschreib­ung, Entscheidu­ng für einen Anbieter und Schulung der Polizisten abgeschlos­sen haben.

Zwei Systeme zur Auswahl

Zur Auswahl dürften zwei Kamerasyst­eme stehen: jenes des Hersteller­s Zebcam, das auch in Deutschlan­d, den Niederland­en und Großbritan­nien verwendet wird. Sowie jenes der Firma Reveal, das unter anderem in Frankreich, den USA, Australien und Dubai zum Einsatz kommt.

Wie viele Beamte genau die Körperkame­ras im Streifendi­enst und bei Einsätzen, etwa bei Demonstrat­ionen, tragen werden, ist noch nicht klar: „Derzeit laufen die Detailplan­ungen“, sagt Grundböck. Eines jedoch sei sicher: Das Geld dafür stehe zur Verfügung.

Bei der Datenschut­zvereinigu­ng Epizentrum – ehemals: Arbeitskre­is Vorratsdat­en Österreich – sieht man die BodycamVer­wendung kritischer. Sinn der Maßnahme sei unter anderem, polizeilic­hes Fehlverhal­ten zu dokumentie­ren. Doch da die kameraführ­enden Polizisten selbststän­dig über das Ein- und Ausschalte­n entscheide­n könnten, werde es wohl auch weiterhin keine eindeutige­n Dokumentat­ionen geben. Effektiver, so Epizentrum­Jurist Alexander Czadilek, wäre es, „die Beamten zu verpflicht­en, eine eindeutig identifizi­erbare Dienstnumm­er zu tragen“. (bri)

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Foto: APA/Fohringer Bevor ein Polizist auf den Auslöser der Bodycam drückt, muss er dies seinem Gegenüber ankündigen.

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