Wenn das Einkommen nicht reicht
Mit 1300 Euro netto im Monat lässt sich schlecht auskommen, sagen jene, die das betrifft. Frauen sind das öfter als Männer. AK-OÖ-Präsident Kalliauer sieht in den neuen Daten Stoff für die Mindestlohndebatte.
Wien – Sie arbeiten Vollzeit in der Textilbranche oder im Einzelhandel, im Tourismus oder im Dienstleistungssektor, sind vorwiegend weiblich, jung oder schlecht ausgebildet, und sie verdienen weniger als 1300 Euro netto im Monat. Umgerechnet sind das etwas weniger als 1700 Euro brutto.
Auf rund 13 bis 15 Prozent der Vollzeitbeschäftigten (420.000 Personen) in Österreich traf dies laut Arbeiterkammer Oberösterreich in den vergangenen drei Jahren zu. Der Anteil blieb in diesem Zeitraum konstant. Mehr als 350.000 steigen mit einem monatlichen Bruttolohn von weniger als 1500 Euro noch schlechter aus.
Österreich steht in Sachen Niedriglohnsektor laut Johann Kalliauer, AK-Präsident in Oberösterreich, im Vergleich zu Deutschland dennoch relativ gut da. Während hier rund 14 Prozent diesem Sektor zuzurechnen seien, sei es in Deutschland jeder Vierte.
Das Risiko, in die Niedriglohngruppe zu rutschen, hängt mit Alter, Geschlecht, Bildungsstand und Beschäftigungssituation zusammen: Während nur neun Prozent der Männer in diese Gehalts- gruppe (1300 Euro) fallen, ist es bei den Frauen fast jede Fünfte. Das hat auch damit zu tun, dass diese nach wie vor bevorzugt in den entsprechenden Branchen arbeiten, sagt Daniel Schönherr vom Sora-Institut bei der Präsentation der Daten in Wien.
Junge Niedriglöhner
Eine Gruppe, die ebenfalls hervorsticht, ist jene der Jungen: Fast ein Viertel der unter 25-Jährigen (23 Prozent) bezieht ein niedriges Einkommen. In allen anderen Altersgruppen liegt der Anteil zwischen zehn und 15 Prozent. Dass die Betroffenheit mit höheren Bil- dungsabschlüssen sinkt, zeigen auch diese Zahlen: Mehr als ein Viertel der Beschäftigen hat maximal einen Pflichtschulabschluss. Mit 17 Prozent ist aber auch die Gruppe jener mit Lehrabschluss nicht vernachlässigbar. Bei Arbeitnehmern mit Matura und Universitätsabschluss sinkt der Anteil auf sechs bzw. drei Prozent.
Dass die Betroffenen nach eigenen Angaben Probleme haben, über die Runden zu kommen, überrascht nicht. Zwei Drittel erklären, nur knapp auszukommen. Die Armutsgefährdung steigt laut Schönherr besonders bei Alleinerziehern. Von den Niedriglöhnern mit Kindern sagen 18 Prozent, dass das Einkommen nicht reicht. Bei den Alleinerziehenden kommt fast ein Viertel nicht über die Runden.
Für Kalliauer geben die Daten naturgemäß der Mindestlohndebatte neue Nahrung. Über kurz oder lang sei ein Mindestlohn von 1700 Euro brutto bei Vollzeit notwendig. Hinsichtlich der von den Sozialpartnern bis Juni angestrebten Einigung auf 1500 Euro ist er optimistisch. Wenig hält er hingegen von einem Abtausch 1500 Euro Mindestlohn gegen Arbeitszeitflexibilisierung. „Das ist eine ungleiche Gleichung.“(rebu)