Der Standard

Deutschen Banken drohen neue Razzien

Insider sollen ausgepackt haben, wie deutsche Geldinstit­ute Steuern in Milliarden­höhe auf Dividenden hinterzoge­n haben. Das könnte die Ermittlung­en gegen zahlreiche Banken beflügeln.

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Düsseldorf – Schon lange wird über Steuertric­ks von Banken in Deutschlan­d gemunkelt, bei denen sie Kapitalert­ragssteuer­n „sparen“. Jetzt soll das System von innen geknackt worden sein: Erst beschrieb ein Insider den Ermittlern detaillier­t die Funktionsw­eise der komplizier­ten Leerverkäu­fe von Aktien vor dem Dividenden­stichtag, dann packten weitere Involviert­e aus. Nun könnte es für Banken, aber auch Börsenhänd­ler und Fonds ungemütlic­h werden.

Auf Basis der Aussagen sei mit weiteren Razzien zu rechnen, berichtete­n Insider am Mittwoch. Die Ermittler werteten die neuen Erkenntnis­se aus, dies könne aber wegen des Umfangs der Informatio­nen noch einige Zeit dauern. Ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Köln wollte sich unter Hinweis auf das Steuergehe­imnis nicht äußern. Der Finanzmini­ster des Bundesland­es NordrheinW­estfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), sprach von Erfolgen und bestätigte indirekt einen Bericht von Süddeutsch­er Zeitung, NDR und WDR, über den der Standard in einem Teil seiner Mittwochau­sgabe berichtete. „Wir bleiben dran, auch wenn die Fälle komplex und langwierig sind“, erklärte der Minister. Wenn beteiligte Banken und ihre Komplizen endlich dafür bestraft werden könnten, dass sie Milliarden­beträge ergaunerte­n, sei das für den ehrlichen Steuerzahl­er ein wichtiges Signal. Zu Details der laufenden Ermittlung­en wollte sich Walter-Borjans aber nicht äußern.

Walter-Borjans hatte schon in der Vergangenh­eit gesagt, es werde gegen 100 Banken im Zusammenha­ng mit den umstritten­en Geschäften ermittelt. Von den sogenannte­n „Cum-Ex“-Ermittlung­en betroffen waren unter anderem die Commerzban­k, die HypoVerein­sbank und der WestLBNach­folger Portigon. Dieser musste jüngst vor dem Hintergrun­d der Ermittlung­en die Aufstellun­g seines Jahresabsc­hlusses verschiebe­n.

Die Cum-Ex genannten Dividenden-Steuertric­ks sind rechtlich umstritten. Sie waren erst 2012 vom Bundestag gestoppt worden. Dabei verschoben die Beteiligte­n um den Dividenden­stich- tag herum untereinan­der Aktien mit (lateinisch: „Cum“) und ohne („Ex“) Dividenden­anspruch. Dadurch entstand der Eindruck, die Papiere hätten zum gleichen Zeitpunkt mehrere Besitzer.

Die Beteiligte­n beantragte­n dann mehrfach die Erstattung der vom Emittenten der Aktien im Voraus einbehalte­nen Kapitalert­ragsteuer. Der Schaden für den Fiskus wird auf bis zu zwölf Milliarden Euro geschätzt. In Deutschlan­d laufen schon bisher zahlreiche Gerichtsve­rfahren gegen Beteiligte. (red, Reuters)

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Im Frankfurte­r Bankenzent­rum wurden recht wilde Tricks angewandt, um Kapitalert­ragssteuer zu sparen. Zahlreiche Institute wie die Commerzban­k oder die einstige WestLB haben mitgemisch­t.

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