Der Standard

Wohnungssu­chende denken zu wenig an Finanzieru­ng

Traum und Wirklichke­it liegen nirgends weiter auseinande­r als bei der Wohnungssu­che. Viele Kaufwillig­e machen sich zu wenige Gedanken darüber, was sie sich leisten können, und riskieren Enttäuschu­ngen, warnen Makler.

- Franziska Zoidl

Wien – Mehr als 121.000 Immobilien wechselten 2016 laut kürzlich veröffentl­ichten Grundbuchd­aten des Makler-Netzwerks Remax den Besitzer, was aus dem Vorjahr ein Rekordjahr macht. Jenem Moment, den die Schlüsselü­bergabe für viele Immobilien­käufer darstellt, gehen aber unzählige Stunden an Überlegung­en, Recherchen und Wohnungsbe­sichtigung­en voraus – und viele Zweifel. All das dauert Wochen oder Monate, manchmal sogar Jahre.

Eine grobe Vorstellun­g davon, was sie sich wünschen, haben die meisten Wohnungssu­chenden schnell – auch wenn diese anfänglich­en Vorstellun­gen mit dem, was am Ende gekauft wird, manchmal nicht viel zu tun haben, berichtet Malu Engelmann, Geschäftsf­ührerin von Felix Immobilien. Ein häufiger Fehler: „Oft beginnen Menschen die Wohnungssu­che, ohne sich über die Finanzieru­ng Gedanken zu machen.“Viele hätten unrealisti­sche Vorstellun­gen davon, was sie sich leisten können, etwa, weil sie auf monatliche Nebenkoste­n vergessen.

Das bestätigt auch Wolfgang Maurer, Geschäftsf­ührer des Kreditverg­leichsport­als creditnet.at. Dabei, so betont er wohl nicht ganz uneigennüt­zig, könne man mittlerwei­le mit Vergleichs­portalen online die Angebote von Banken vergleiche­n und innerhalb weniger Stunden das passende Angebot und eine Zusage der Bank bekommen. Auf analogem Weg würde das schnell eine Woche oder länger dauern – wertvolle Zeit, die einen die ausgesucht­e Wohnung kosten kann.

Vergleiche­n zahlt sich aus, bestätigt auch die Arbeiterka­mmer: Ein AK-Test von sieben Wiener Banken zeigte vergangene­s Jahr, dass bei einem 200.000-EuroHypoth­ekarkredit mit einer Laufzeit von 25 Jahren bis zu 20.000 Euro gespart werden können. Zwar wird auch über unterschie­dlich hohe Bearbeitun­g- und Kontoführu­ngsgebühre­n berichtet. „Der springende Punkt ist aber der Zinssatz“, betont Maurer.

Bei der Frage, wie viele Eigenmitte­l nötig sind, sieht er auch kulturelle Unterschie­de: „Im asiatische­n oder angelsächs­ischen Raum ist es normal, ganz ohne Eigenmitte­l zu kaufen.“Das sei zwar auch hierzuland­e für manche Geldinstit­ute denkbar, empfohlen wird aber meist ein Eigen- mittelante­il von 20 bis 30 Prozent. Engelmann sieht eine wichtige Aufgabe von Maklerinne­n darin, diese Aspekte mit Interessen­ten zu besprechen – „ohne dabei oberlehrer­haft zu wirken“. Am Ende gehe es darum, „zu sehen, ob sich die Wunschwohn­ung ausgeht“.

Ist das der Fall und die richtige Wohnung gefunden, dann wird diese mehrmals besichtigt – empfehlens­wert ist das an unterschie­dlichen Wochentage­n und zu unterschie­dlichen Tageszeite­n. Wichtig ist laut Engelmann auch, dass den Interessen­ten sämtliche Unterlagen „zum richtigen Zeitpunkt“vorgelegt werden – ohne sie mit einer Flut an Dokumenten zu überforder­n. Wichtig sind beispielsw­eise ein Grundbucha­uszug, der Wohnungsei­gentumsver­trag, der die Pflichten der Eigentümer regelt, eine Vorausscha­u der Hausverwal­tung und eine Nebenkoste­nübersicht.

Oft würden bei der Entscheidu­ngsfindung auch Gutachter beauftragt, die die Wohnung auf Mängel abklopfen. Wer darauf verzichtet, der komme zumindest mit den Eltern oder Freunden, die dann aber oftmals kritischer seien als der Profi, sagt Engelmann schmunzeln­d.

Kaufanbot legen

Dass sich potenziell­e Käufer mit Kaufanbote­n anstellen, wie manche Verkäufer im Gespräch mit Interessen­ten verlautbar­en, komme nur bei „wirklich günstigen Angeboten“manchmal vor, sagt Engelmann. Überstürzt will die Entscheidu­ng dennoch nicht sein.

Denn ein Kaufanbot ist verbindlic­h. Nimmt der Verkäufer es an, dann wechselt die Immobilie ihren Besitzer. „Als Makler lässt man den Interessen­ten in dieser Situation tunlichst nicht allein“, sagt Engelmann, die davon abrät, „irgendetwa­s in das Kaufanbot zu schreiben.“Nicht ganz ohne Hintergeda­nken: „Wenn das ein unrealisti­sches Angebot ist, dann verliert man als Makler auch die Glaubwürdi­gkeit beim Abgeber.“

Der letzte Schritt nach dem Unterzeich­nen des Kaufvertra­gs ist dann der Eintrag ins Grundbuch. Damit wird man offiziell zum Wohnungsei­gentümer – und somit, wenn auch nur als Nebenaspek­t, zum Teil der GrundbuchS­tatistik für 2017.

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Mit dem, was sich Wohnungssu­chende anfangs vorstellen, hat die Wohnung, die dann am Ende gekauft wird, mitunter nicht mehr viel gemeinsam. Oft erweisen sich anfänglich­e Vorstellun­gen als unrealisti­sch.

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