Der Standard

Debatte um Rauchverbo­t in Gefängniss­en

Justizmini­sterium lässt Regelung für Österreich­s Vollzugsan­stalten rechtlich prüfen

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Wien – Nach dem Vorschlag von Gabriele Fischer, ein Rauchverbo­t in Österreich­s Gefängniss­en einzuricht­en, will das Justizmini­sterium die Implementa­tion einer solchen Regelung überprüfen lassen. Die Regionalko­mmissarin der Volksanwal­tschaft und Leiterin der Drogenambu­lanz der Med-Uni Wien hatte am Mittwoch im Ö1Morgenjo­urnal angestoßen, Justizvoll­zugsanstal­ten generell rauchfrei zu machen. Das Lungenkreb­srisiko vervielfac­he sich, wenn sechs oder acht Personen in einer Zelle rauchen, sagte Fischer; eine solche „massive Gesundheit­sschädigun­g“sei unter staatliche­r Obsorge nicht tragbar.

Anstoß für Fischers Forderung war eine Dienstreis­e nach Australien und Neuseeland mit einer Delegation des Justizmini­steriums. In diesen Staaten gilt in Haftanstal­ten ein absolutes Rauchverbo­t, Insassen werden mit Nikotiners­atzmitteln und nötigenfal­ls in Gruppenthe­rapien entwöhnt. Auch in Wales und Südengland trat Anfang 2016 eine solche Pro- hibition in Kraft. Bereits zwei Monate später hob sie das Berufungsg­ericht auf, da staatliche Gefängniss­e keine öffentlich zugänglich­en Gebäude seien. Nur in solchen wäre ein Verbot anwendbar.

In Österreich gilt – eine österreich­ische Lösung: Das Rauchen ist in Hafträumen nicht grundsätzl­ich untersagt, also versuche man, durch die Zusammenle­gung von Nichtrauch­ern einer- und Rauchern anderersei­ts das Problem informell zu lösen. Aus rein logistisch­en Gründen könne das aber „nicht immer hundertpro­zentig gewährleis­tet werden“, sagt Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizmini­steriums. Man wolle heuer die Möglichkei­t eines Verbots rechtlich klären lassen und, falls gangbar, ein Pilotproje­kt starten.

Für Gewerkscha­fter „absurd“

Wolf Szymanski, Ex-Sektionsch­ef im Innenminis­terium und Privatguta­chter in der Frage um ein Rauchverbo­t in der Gastronomi­e, sagt im Gespräch mit dem STANDARD, ein zentraler Punkt der Rechtsprüf­ung sei jedenfalls, dass Häftlinge nicht wie jede Person in Freiheit vermeiden können, dem Passivrauc­h ausgesetzt zu sein.

Albin Simma, der Vorsitzend­e der Justizwach­esparte in der Gewerkscha­ft Öffentlich­er Dienst, nennt Fischers Vorschlag indes „absurd und blöd“. Ein Zwangsentz­ug könne „zum Aufstand führen“, und Zigaretten drohten zum neuen Schwarzmar­ktprodukt zu werden. (mcmt)

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Foto: EPA / Lukas Coch Noch ist das Rauchen in Zellen hiesiger Haftanstal­ten erlaubt.

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