Causa Glücksspiel: Politiker widersprachen einander
WKStA beruft sich im Einstellungsbeschluss auch auf divergierende Erinnerungen von Abgeordneten
Wien – Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Causa Glücksspiel eingestellt. Aus der nur zweiseitigen Begründung, die den Exbeschuldigten Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Novomatic-Exchef Franz Wohlfahrt zuging, erschließt sich, dass die Ermittler nicht herausfanden, von wem die Initiative zur Auflockerung des Glücksspielmonopols Mitte 2006 ausgegangen war.
Damals brachte Finanzminister Grasser einen Abänderungsantrag für das Glücksspielgesetz ein, die Novelle sollte eine weitere Konzession für das Onlineglücksspiel ermöglichen und das Monopol der Casinos Austria kippen. Die völlig überraschten Gegner verhinderten das, der Abänderungsantrag kam nicht auf die Tagesordnung im Nationalrat. Die Justiz warf dem Exminister vor, 100.000 Euro von Novomatic, vertreten durch Wohlfahrt, genommen zu haben.
Laut Einstellungsbegründung sagte ein Telekom-Austria-Exmanager aus, er und Wohlfahrt hätten Grasser im Winter 2005 „die Idee der Auflockerung des Glücksspielmonopols präsentiert“. Der habe das befürwortet – sie aber zwecks Anregung eines Initiativantrags an die Regierungsparteien ÖVP und BZÖ verwiesen.
Darauf, dass die Glücksspielaufweichung per Abänderungsantrag von den Regierungsparteien „vereinbart war, deuten die Ermittlungsergebnisse hin“, erklärt die WKStA nun. Dass „die Initiative (...) vom Finanzministerium und genauerhin von Grasser ausging“, sei nicht bewiesen. Der Grund dafür: Die einvernommenen (Ex-)Politiker sagten widersprüchlich aus. Die einen verorteten die Urheber der Entwürfe zum Abänderungsantrag laut WKStA im Parlament, die anderen im Finanzministerium. Die Ermittler fanden Entwürfe – ihre Herkunft aber konnten sie nicht klären.
Vernommen hat das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) so ziemlich alle politischen Protagonisten von damals. 54 Zeugen ließ man im Lauf der Jahre aufmarschieren, darunter Abgeordnete wie Werner Fasslabend (ÖVP), Alexander Van der Bellen (Grüne), Reinhold Lopatka (ÖVP), Herbert Scheibner (FPÖ), Alfred Gusenbauer (SPÖ) oder den damaligen Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Ex-ÖVP-Klubobmann Wilhelm Molterer. Neben Politikern wurden Unternehmer befragt, wie Novomatic-Eigner Franz Graf oder Hannes Androsch.
In der Causa ging es auch um Rechnungen in der Höhe von 600.000 Euro, die Meischberger via Agentur Valora Solutions an Novomatic gelegt hatte. Die Ermittler vermissten einen Leistungsgrund, doch auch dieser Part (Untreuevorwurf gegen einen Exmanager der Novomatic Gaming Industries GmbH und Beihilfevorwurf gegen Meischberger) wurde eingestellt. Folgt man einem BAKAbschlussbericht von Mitte 2015 und darin geschilderten Aussagen, hat Meischberger die Novomatic ab 2005 zwecks „Auflockerung des Monopols“unterstützt – unter „absoluter Vertraulichkeit und Diskretion“. Entsprechende Verträge seien mündlich geschlossen worden, und auch die „Leistungserbringung“sei „überwiegend in mündlicher Form bei Besprechungen erfolgt“.
Der Verdacht, es sei um Scheinrechnungen gegangen, löste sich aber in Luft auf. Denn der beschuldigte Manager änderte im Lauf des Verfahrens seine Aussage: „Die Valora Solutions habe doch entsprechende Leistungen an Novomatic Gaming Industries erbracht“, hält das BAK dazu fest.
Warum der Vorwurf der verbotenen Geschenkannahme durch Grasser (die genannten 100.000 Euro) ad acta gelegt wurde? Dieses Detail wird in der Einstellungsbegründung nicht erwähnt.