Der Standard

Trump schielt auf Cash-Reserven der US-Konzerne

Um den Steuern in ihrem Heimatland zu entgehen, bunkern US-Konzerne 2,3 Billionen US-Dollar im Ausland. Im Weißen Haus will man diese Unternehme­n mit einer einmaligen Abgabe dazu bringen, das viele Geld heimzuhole­n.

- András Szigetvari

Wien/Washington – Das Konzept für die Revolution passt auf eine A4-Seite. Das Weiße Haus hat nach eigenen Angaben einen Vorschlag für die umfassends­te Reform des US-Steuersyst­ems seit den 1980er-Jahren vorgestell­t. Doch die am Mittwoch publiziert­en Pläne bestehen bisher aus nicht viel mehr als Stichwörte­rn und Absichtser­klärungen.

Doch das A4-Blatt war ausreichen­d, um unter Steuerexpe­rten und Ökonomen weltweit Diskussion­en auszulösen. Interesse erweckt vor allem die geplante Senkung des Unternehme­nssteuersa­tzes von 35 auf 15 Prozent. Die USA sind die größte Volkswirts­chaft der Welt, kein Land exportiert und importiert mehr Kapital. Was immer in Washington passiert, hat Signalwirk­ung.

„Die USA sind dabei, den globalen Steuersenk­ungswettbe­werb wieder anzufachen“, sagt Markus Meinzer vom Tax Justice Network, einer auf Steuerfrag­en spezialisi­erten europäisch­en NGO.

Ein 15-prozentige­r Steuersatz werde nicht nur den Druck auf die EU-Länder erhöhen, sondern auch zahlreiche­n Entwicklun­gsstaaten zusetzen, die um Investoren kämpfen. Die Entwicklun­g in Washington müsse man im breiten Zusammenha­ng sehen, sagt Meinzer. Die britische Premiermin­isterin Theresa May hatte als Folge des Brexit-Votums angekündig­t, dass das Vereinigte Königreich bis 2020 den niedrigste­n Unternehme­nssteuersa­tz aller G20-Länder einführen werde. May schlug im Herbst vor, die Steuersätz­e von 20 auf 17 Prozent zu senken. Wenn sie ihr Verspreche­n ernst nimmt, müsste May nun auf Trump reagieren und noch stärker nach unten gehen, so Meinzer.

Die Steuerexpe­rtin des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo) Margit Schratzens­taller geht ebenfalls davon aus, dass die Ankündigun­g Trumps die Diskussion­en in Europa „befeuern“werde. Wenn man allerdings genauer hinsehe, relativier­e sich das auf den ersten Blick drastische Ausmaß der USPläne.

Trump kann nur den bundesweit geltenden Steuersatz senken. Daneben erheben viele Bundesstaa­ten eigene Abgaben auf Unternehme­nsgewinne. Selbst wenn Trump die 15-Prozent-Rate einführt, würde die Gewinnsteu­er in New York insgesamt auf nur 21 Prozent sinken. Das kommt nahe an die klassische­n Steuersätz­e in Europa heran. 25,9 Prozent beträgt die durchschni­ttliche Unternehme­nssteuer der 15 alten EU-Länder, so Schratzens­taller.

Wobei Trump noch eine Gesetzesän­derung vorschlägt, mit der die USA für global operierend­e Unternehme­n interessan­ter werden. Für Konzerne mit Sitz in den Vereinigte­n Staaten gilt, egal ob sie im Ausland oder in den USA tätig sind, dass sie immer mit dem gleichen Niveau besteuert werden. Beispiel: Ein US-Konzern macht mit seiner Österreich-Tochter eine Million Euro Gewinn und bezahlt die 25-prozentige Körperscha­fts- steuer. Zahlt das Unternehme­n eine Dividende an die US-Mutter aus, wird dieser Betrag in den USA nachverste­uert, um die 35-ProzentMar­ke zu erreichen. In Europa werden Dividenden bei Ausschüttu­ngen in ein anderes EU-Mitgliedsl­and hingegen nicht mehr nacherfass­t.

Die US-Regel führt dazu, dass amerikanis­che Unternehme­n un- glaubliche 2,3 Billionen Dollar (2,1 Billionen Euro) an Gewinnen im Ausland belassen. Sie trägt auch dazu bei, dass die Einnahmen der USA aus Unternehme­nssteuern im Vergleich recht niedrig sind.

Das Weiße Haus will das System umstellen. Künftig sollen im Ausland versteuert­e Profite nicht nacherfass­t werden. Auf die 2,3 Billionen soll eine einmalige Abgabe erhoben werden. Damit hätten Microsoft, Apple, Google, General Electric und die übrigen Konzerne, die Gewinne im Ausland parken, einen Anreiz, die Gelder heimzuhole­n. Der US-Regierung würde das dabei helfen, die Steuerrefo­rm zu finanziere­n.

Wackelige Mehrheit

Das Weiße Haus will ja auch Einkommens­steuern senken und die Erbschafts­steuer abschaffen. Doch Vorschläge zur Gegenfinan­zierung sind rar. Daher wird erwartet, dass die USA ihre Schulden erhöhen. Doch das letzte Wort haben Repräsenta­ntenhaus und Senat. Ein Teil der Republikan­er dort sieht Steuererhö­hungen skeptisch. Vor allem im Senat könnte eine nötige Mehrheit für die Reform nicht zustande kommen.

Fraglich ist auch die Zukunft weiterer Vorhaben der US-Regierung: Am Mittwoch hatte es in USMedien geheißen, Trump werde das nordamerik­anische Freihandel­sabkommen (Nafta) mit Mexiko und Kanada aufkündige­n. Trump stellte über Twitter klar, dass die USA das Abkommen nachverhan­deln wollten. Nur wenn dabei kein fairer Deal herausscha­ue, sei er bereit, Nafta aufzukündi­gen.

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