Der Standard

90.000 gegen Klitschko

Im ausverkauf­ten Londoner Wembley-Stadion will Wladimir Klitschko am Samstag zurück auf den Thron im Schwergewi­chtsboxen. Sein Gegner Anthony Joshua ist Lokalmatad­or und Favorit. Das ficht Klitschko nicht an. „Ich habe noch nicht die Spitze erreicht.“

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London – Der Vorgeschma­ck war bitter. Als Wladimir Klitschko (41) die kleine Arena neben dem Wembley-Stadion betrat, schallten ihm Pfiffe und Buhrufe entgegen. Die 1200 Fans beim letzten öffentlich­en Training gaben eine Kostprobe von dem, was den Ukrainer am Samstag (22 Uhr/RTL) beim Kampf gegen Lokalmatad­or Anthony Joshua (27) vor 90.000 Box-Fans in Wembley erwarten könnte – ein Auswärtssp­iel in einem Hexenkesse­l.

Nur schwer konnte sich Klitschko ein Lächeln abringen. „Ich denke, ihr seid nicht so happy, mich zu sehen. Ich freue mich aber, hier zu sein“, rief der ehemalige Weltmeiste­r ins Mikrofon, konnte die Menge aber nicht auf seine Seite bringen. „Wladimir steckt das weg“, sagte Bruder Witali. Der frühere WBC-Weltmeiste­r lobte seinen Bruder: „So konzentrie­rt wie vor diesem Kampf habe ich Wladimir noch nicht erlebt.“

Witali (45) war es aber auch, der zuvor den Druck erhöht und einen Rückkampf ausgeschlo­ssen hatte. „Wladimir hat keine zweite Chance. Deshalb erwarten wir volle Konzentrat­ion von ihm und, natürlich, ein gutes Ergebnis.“Wla- dimir selbst wich Fragen nach einem möglichen Rücktritt im Falle einer Niederlage aus. „Ich genieße den Moment. Was morgen oder in fünf Jahren sein wird, kann ich nicht sagen“, meinte „Dr. Steelhamme­r“. Der Ex-Champ gab sich hoch motiviert. „Ich möchte den Ring als Sieger verlassen – egal, was es mich kostet.“

Noch immer nagt die klare Niederlage gegen Tyson Fury im No- vember 2015 an ihm. Klitschko will zurück auf den Thron, auf dem er von 2006 bis 2015 als ungeschlag­ener Champion saß. „Ich habe noch nicht die Spitze erreicht. Die Spitze ist Wembley mit 90.000 Fans und einem Herausford­erer, der absolut extravagan­t, interessan­t und stark ist.“

Dass Klitschko fast 14 Jahre älter als sein Gegner ist, stört den Olympiasie­ger von 1996 nicht. Der promoviert­e Sportwisse­nschafter sagt vor seinem 69. Profikampf (64 Siege, 54 K. o.): „Ich glaube, die Tendenz geht dahin, dass Sportler auch in einem höheren Alter noch gut performen können.“Zumindest wird der frühere Mehrfach-Weltmeiste­r noch ein- mal richtig abkassiere­n. Die Börse soll genauso wie bei „AJ“Joshua zwischen 15 und 20 Millionen Euro liegen. Insgesamt spielt der „Kampf der Generation­en“um den WM-Gürtel der IBF und den Titel des WBA-Superchamp­ions 50 Millionen Euro ein. Das Gros des Geldes, 30 Millionen Euro, wird über das Pay-TV in England eingenomme­n.

Gegner Joshua darf sich auf Unterstütz­ung durch die 90.000 Zuseher freuen. Der Sohn nigerianis­cher Einwandere­r aus Watford nördlich von London genießt vor allem bei jungen Briten Kultstatus. Der wie Klitschko 1,98 Meter große Olympiasie­ger verspricht „ein tolles Spektakel“. (sid, red)

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„Ich genieße den Moment“, sagt Wladimir Klitschko (41) vor dem Duell mit seinem knapp 14 Jahre jüngeren Herausford­erer Anthony Joshua.

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