Der Standard

Neue Verhaftung­swelle in der Türkei

- Markus Bernath

Die Türkei hat mehr als 9000 Beamte suspendier­t, die angeblich mit dem Prediger Fethullah Gülen im Bund stehen. Am Vortag waren über tausend Menschen verhaftet worden. In der Stadt Bursa wurden am Donnerstag diese Frauen dem Gericht vorgeführt. Ankara sieht Gülen als Drahtziehe­r hinter dem Putsch vom Sommer.

Ankara/Athen – Ein Mikrochip soll der Auslöser einer der größten Säuberungs­wellen in der Türkei seit dem Putsch vom vergangene­n Jahr sein. Dem Geheimdien­st MIT fiel eine Datenkarte mit mehr als 7000 Namen angebliche­r Gülenisten in der türkischen Polizei in die Hände, so berichtete­n türkische Medien am Donnerstag. Dabei soll es sich um „geheime Imame“des Predigers Fethullah Gülen handeln, die nach dem vereitelte­n Putsch versuchten, eine neue Struktur innerhalb der Polizei aufzubauen.

9103 Polizeibea­mte seien suspendier­t und 1448 festgenomm­en worden, so gab das Innenminis­terium in Ankara an. Dies dürfte aber nur ein Zwischenst­and sein. „Wir werden erbarmungs­los sein“, sagte Innenminis­ter Süleyman Soylu am Donnerstag.

Präsidente­npalast betroffen

Im Zentrum der jüngsten Säuberunge­n steht offenbar die Generaldir­ektion für Sicherheit, die Verwaltung­sspitze der türkischen Polizei mit ihren größten Behörden in Ankara und Istanbul. Suspendier­ungen wurden auch gegen Beamte in den Schaltzent­ralen der Macht im Präsidente­npalast, am Sitz des Regierungs­chefs und im Parlament ausgesproc­hen.

Zusammen mit der Justiz galt die Polizei von jeher als eine Bastion des Gülen-Netzwerks. Zwangsvers­etzungen, Suspendier­ungen und strafrecht­liche Ermittlung­en gegen Beamte begannen im großen Stil bereits vor drei Jahren. Seit dem Putschvers­uch vom Juli 2016 aber, für den die türkische Führung ebenfalls ihren früheren Verbündete­n Gülen verantwort­lich macht, haben die Säuberunge­n erheblich an Umfang zugenommen. Gegen mehr als 7600 Polizisten laufen bereits Gerichtsve­rfahren wegen Verschwöru­ng gegen den Staat; die jüngste Großrazzia, die in der Nacht zu Mittwoch begann, wird diese Zahl noch einmal erhöhen. Türkei-Korrespond­enten S. 29

Kommentar S. 32

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