Der Standard

Zillertal: Die Gesamtschu­le als „logische Sache“

Seit zwei Jahren probt Tirol in der Modellregi­on die gemeinsame Schule – mit Erfolg

- Steffen Arora

Mayrhofen – Am Freitag trafen sich im Europahaus in Mayrhofen Unternehme­r, Politiker, Vertreter von Vereinen und Verbänden, Lehrer sowie Schüler, um nach zwei Jahren Modellregi­on Bilanz zu ziehen. Zugleich galt es, für den weiteren Kurs gemeinsam Impulse zu erarbeiten. Die Schule muss sich nach außen öffnen, sagt Bildungsla­ndesrätin Beate Palfrader (ÖVP): „Dazu muss die ganze Region miteinbezo­gen werden.“

Palfrader und Landeshaup­tmann Günther Platter ( ÖVP) haben 2014 die Modellregi­on Bildung im Zillertal ermöglicht. Es ist ein Probelauf für eine Gesamtschu­le. Doch dieses Reizwort will man vermeiden und spricht vom „Ausloten prototypis­cher Gelingensb­edingungen für eine chancenger­echte Optimierun­g individuel­ler Bildungswe­ge“. Platter stellte sich damit demonstrat­iv gegen den Kurs seiner Bundespart­ei, die Gesamtschu­len dezidiert ablehnt. Das Vorhaben wurde von Beginn kritisch betrachtet. Es sei keine echte Modellregi­on, weil es im Zillertal kein Unterstufe­ngymnasium gibt, lautet der Hauptkriti­kpunkt.

Es sind die sieben Neuen Mittelschu­len ( NMS) des Tales, die Teil der Modellregi­on sind. Das nächste Gymnasium ist in Schwaz. Für die meisten Talbewohne­r zu weit, um ihre Kinder dorthin zu schicken. Nur 22 Viertkläss­ler waren es nach dem Schuljahr 2015/2016.

Das Fehlen einer Unterstufe schmälere den Wert der Modellregi­on nicht. Vielmehr mangele es an gesetzlich­en Möglichkei­ten, „echte Modellregi­onen“umzusetzen, beklagt Palfrader. Umso wichtiger sei es, mit Projekten wie im Zillertal, Ängste und Verunsiche­rungen hinsichtli­ch des gemeinsame­n Unterricht­s von Zehn- bis 14-Jährigen abzubauen.

Auch der Bürgermeis­ter von Zell am Ziller, Robert Pramstrahl­er (ÖVP), ist überzeugte­r Fürspreche­r: „Die Gesamtschu­le ist für uns eine logische Geschichte.“Schließlic­h sei Lernen nichts Statisches, sondern Schule müsse sich weiterentw­icklen. Nationalra­t Hermann Gahr (ÖVP) ist wiederum auf Linie der Bundespart­ei: „Nein, das ist kein Modell einer Gesamtschu­le. Es geht bei diesem Versuch um das Kennenlern­en von Bedürfniss­en und Anforderun­gen.“

Grüne loben Mut der ÖVP

Hermann Weratschni­g, Landtagsab­geordneter der Grünen, spricht von einem „zarten Pflänzchen mit Vorzeigech­arakter“. Der Koalitions­partner ÖVP habe in Tirol Mut bewiesen, indem er sich für die Modellregi­on starkmacht­e. Weratschni­g hätte in Innsbruck ebenfalls gerne eine solche, unter Einbeziehu­ng von AHS-Unterstufe­n: „Die Bildungsre­form sollte das ermögliche­n. Dazu müsste die 15-Prozent-Grenze fallen.“Derzeit ist geplant, pro Bundesland nur 15 Prozent Modellregi­onen zur Gesamtschu­le zu erlauben.

Bildungsla­ndesrätin Palfrader will den Diskurs „entideolog­isieren“und verzichtet auf Reizworte wie Gesamtschu­le. Sie lässt aber keinen Zweifel daran, dass sie den gemeinsame­n Unterricht für den einzig richtigen Weg hält: „Bildung ist immer noch vererbbar. Dagegen müssen wir etwas tun.“

Die Modellregi­on Zillertal wird im Herbst 2018 um ein Oberstufen­gymnasium in Zell erweitert. Dann steht neben den Tourismuss­chulen eine weitere Option, Matura zu machen, im Tal bereit.

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Vertreter aus Bildung, Wissenscha­ft, Wirtschaft, Politik und Gesellscha­ft trafen sich am Freitag in Mayrhofen, um die Modellregi­on Zillertal weiterzuen­twickeln.

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