Der Rechnungshof lässt an der Dividendenpolitik des Bundes kein gutes Haar. Um Budgeterfordernisse zu erfüllen, mussten Staatsbetriebe zum Teil mehr Gewinn abführen, als an freiem Cashflow zur Verfügung stand.
Wien – Mit den hundert Millionen Euro Dividende, die der Autobahnbauer Asfinag heuer für das Geschäftsjahr 2016 abliefert, summiert sich der Ertrag für den Bundeshaushalt seit 2011 auf 640 Millionen. Dass es sich dabei eigentlich um Scheingewinne handelt, weil die Asfinag für Reparatur und Erhaltung des hochrangigen Straßennetzes in ihren Bilanzen nicht vorsorgen muss, sondern die ausgewiesenen Überschüsse aus Autobahnmaut ausschüttet, stört den Rechnungshof (RH) nicht.
Wie der Bund bei der Abschöpfung von Gewinnen aus Staatsbetrieben wie Verbund, Post, Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vorgeht, hingegen schon. Die dafür zuständigen Ministerien werden von den staatlichen Buchprüfern in dem am Freitag vorgelegten RH-Bericht kritisiert.
Beispiel Verbund: Für Österreichs größten Stromkonzern, zu 51 Prozent in Staatsbesitz, sind Wirtschafts- und Finanzministerium zuständig. Ersteres ist für strategische Vorgaben und die ganze Energiewirtschaft zuständig, Letzteres schöpft die Dividenden ab. Dabei hat sich das Finanzministerium teils ordentlich verkalkuliert: Im Bundesvoranschlag 2015 überschritt die Veranschlagung der Verbund-Dividende die Schätzung der Fachabteilung im Wirtschaftsressort um etwa das 2,4-Fache oder 238 Prozent. Im Fall der ÖIAG-Nachfolgerin Öbib (für Post, Telekom und OMV) um 72 Prozent. Der Bund konnte also deutlich weniger abschöpfen als erhofft.
Was den RH veranlasste, dem Finanzministerium das Haushaltsgrundgesetz ans Herz zu legen und „eine möglichst getreue Darstellung der finanziellen Lage des Bundes“, wie es heißt. Leitlinien gebe es für Dividenden nicht.
Das von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) geführte Ministerium spielt den Ball zurück. Die Veranschlagung von Gewinnausschüttungen werde von Minister- und Nationalrat genehmigt. Im Übrigen könnten Dividendenplanungen im Budget nicht nur die Planwerte der Unternehmen enthalten. „Vielmehr müssten die budgetierten Werte auch die Entscheidung des Eigentümers über Vorgaben die Ausrichtung des Unternehmens zu beeinflussen, reflektieren.“
Diese Strenge blieb nicht ohne Folgen. Teils mussten die insgesamt 108 Staatsbetriebe mehr Dividende abliefern, als an Free Cashflow zur Verfügung stand. Fremdkapital war nötig, was die Eigenkapitalausstattung, wie bei der Telekom Austria, erodieren ließ. Telekom-Dividenden wurden vom RH nicht geprüft. Aber: Budgetpolitische Zusagen über Gewinnausschüttungen müssten „auch betriebswirtschaftlich realisierbar sein“, so der RH. Dividendenpolitik dürfe sich nicht allein nach Budgeterfordernissen richten. Von 2010 bis 2015 flossen aus diesem Titel rund 634 Mio. Euro jährlich ins Budget.
Auf den Zahn gefühlt wurde dem Dividendenprocedere von Asfinag, Bundesimmobiliengesellschaft, Post AG und Verbund. Bei der Asfinag passten wohl Traum und Wirklichkeit zusammen, nicht aber die budgetäre Buchung: Das Verkehrsministerium schaffte mehr Geld in die Rücklage für Straßenbauten, als per Gesetz vorgesehen. Die Post-Dividende hingegen schien gar nicht auf im Budget, sie geht von der Öbib (gemeinsam mit OMV und Telekom) an den Fiskus.
Doppelgleisigkeit
Als „nicht zweckmäßig“befindet der RH, dass die Anteilsrechteverwaltung beim Verbund das Wirtschaftsministerium wahr, die haushaltsrechtliche Vereinnahmung (der Vermögensrechte) aber das Finanzressort. Denn so habe das Wirtschaftsressort „weniger Anreiz und Veranlassung, strategische Überlegungen hinsichtlich der Dividendenpolitik der Verbund AG zu formulieren“.
Das von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) geführte Wirtschaftsministerium sieht darin kein Problem. Das sei im Verstaatlichtengesetz so festgelegt. (ung)