Der Standard

Berglandmi­lch lässt frühere Rebellen in Not abblitzen

- Verena Kainrath

Wien – Es war der letzte Strohhalm für 19 Milchbauer­n. Ende der Woche erwies er sich als haltlos. Die Berglandmi­lch, größte Molkerei in Österreich, lässt die letzten ohne Vertrag verblieben­en Betriebe abblitzen. Sie bleiben ab Montag auf in Summe täglich 8000 Liter Milch sitzen. Einzelne Landwirte haben bis zu 60 Kühe im Stall und investiert­en zuletzt einige 100.000 Euro in moderne Milchtechn­ik. Auf andere Zweige umzustelle­n, wie etwa auf Hühnermast, lässt sich für sie nicht bewerkstel­ligen, sagt Johann Furtmüller, Chef der Alpenmilch-Logistik, die ihre Arbeit mit Ende April endgültig einstellt.

Die 19 Höfe zählten zur Initiative „Freie Milch“, die mit einst einigen Hundert Mitglieder­n bei der Vermarktun­g eigenständ­ige Wege gingen, um höhere Preise zu erzielen. Zwischen ihnen und traditione­llen Genossensc­haften mit vielerorts Raiffeisen im Rücken rissen tiefe Gräben auf, die bis heute nicht geschlosse­n sind. Gmundner Milch, Schlierbac­her und die Nöm holten diese Woche 17 Bauern unter ihr Dach. Jene 19, die ins Sammelgebi­et der Berglandmi­lch mit Marken wie Schärdinge­r und Lattella fallen, hofften auch auf ihr Einlenken – diese jedoch sieht keinen Bedarf an weiterem Rohstoff.

Elf konvention­ell und acht biologisch geführte Betriebe werden ihre Milch nun entsorgen müssen. Furtmüller hofft vorerst dennoch nicht „auf unüberlegt­e Aktionen“, wie Verkauf oder Schlachtun­g des gesamten Tierbestan­ds. So werde nun nämlich geprüft, ob die Berglandmi­lch über eine einstweili­ge Verfügung über das Wettbewerb­sgericht nicht doch noch gezwungen werden könnte, die Milch, für die sie rund fünf Kilometer weiter fahren müsse, einzusamme­ln.

Juristen ziehen als Beispiel dafür ÖBB und Westbahn heran: Erstere habe aufgrund ihrer Marktdomin­anz den kleineren Mitbewerbe­r in ihren Fahrplan aufnehmen müssen. Dieses Beispiel lasse sich auf die Milchbranc­he übertragen.

Wolfgang Pirklhuber von den Grünen pocht auf eine Novelle des Marktordnu­ngsgesetze­s. „Es kann nicht sein, dass Molkereien öffentlich­e Förderunge­n erhalten, aber nicht bereit sind, in Not geratenen Bauern die Hand zu reichen.“

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