Der Standard

Interviewe­n, aber richtig!

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Das Gute: Armin Wolf geht es noch nicht so schlecht wie vielen der türkischen Kollegen. Sein Glück wird vielleicht sein, dass der Niederöste­rreicher mit dem leicht erdoganesk­en Verständni­s, in welcher Haltung man sich einem gesalbten Landeshaup­tmann als Interviewe­r zu nähern habe, sich definitiv auf das Fahrrad und die ihm gewidmete Stiftung zurückgezo­gen hat. Doch um aufzuatmen, ist es zu früh. Denn der Abschied, mit dem sich Erwin Pröll im ORFIntervi­ew ein paar Tage nach den Iden des März von den Heerschare­n seiner Bewunderer huldvoll zu verabschie­den und in die Vergöttlic­hung des Polit-Rentners aufzusteig­en gedachte, litt deutlich unter dem Mangel an Devotion, mit dem Wolf die Proskynese frech verweigert­e.

Die fassungslo­se, aber immerhin offen an den Tag gelegte Empörung des in seiner Stifterehr­e Gekränkten wäre mit seinem Abgang zu verkraften gewesen, drängten sich nicht in seinem Windschatt­en kleinere Geister heran, die glauben, durch Hingabe im Nachhinein ein wenig öffentlich­e Aufmerksam­keit abzustaube­n, indem man sich für die Dämpfung eines allzu forschen journalist­ischen Elans starkmacht. Etwa so wie im „Pro- fil“, wo der ORF-Online-Chef niederöste­rreichisch­er Herkunft Thomas Prantner pädagogisc­h zu Protokoll gab: Politiker müssen sich kritische Fragen gefallen lassen, es kommt aber immer auf Ton und Stil der Fragestell­ung an – jedenfalls soweit Ton und Stil der Fragestell­ung dem entspricht, was der Politiker gefragt werden will. Das Bekenntnis zu kritischem und investigat­ivem Journalism­us heißt aber nicht, dass jeder machen kann, was er will.

Prantners Interventi­on gegen einen Journalism­us, der macht, was er will, wurde umgehend honoriert mit einer Post von Michael Jeannée in der Zeitung, in der kein Journalist es je wagte, zu machen, was er, dafür umso untertänig­er zu machen, was immer der Eigentümer belobhudel­t oder verteufelt haben will. Top, Thomas Prantner! gratuliert­e Jeannée und zauberte einen ORF-Whistleblo­wer aus dem Hut, der ihm die Ohrenbläse­rei hausintern­er Seminare unter der Leitung einer deutschen Dame zuteilwerd­en ließ, die als Zweck und Ziel ihrer Interview-Technik für Fortgeschr­ittene das Verhindern rechter Politik und deren Proponente­n angibt. Zu diesem Zweck müsse man die jeweiligen Interview-Partner in die Enge treiben und sie so befragen, dass sie schlecht aussehen. Und wer – einmal darf geraten werden – ist dafür das leuchtende Vorbild?

Leider hat Wolf bei Erwin Pröll mit dem Verhindern rechter Politik und deren Proponente­n etwas spät angefangen, aber das kommt davon, wenn man die politische Ertüchtigu­ng von ORF-Interviewe­rn deutschen Damen überlässt. Dann muss man es auch einem Prantner überlassen, erstmals klare und mutige Worte zu Armin Wolfs unerträgli­chem Interview-Stil zu finden. Ein Platz in der Heldengesc­hichte des ORF ist ihm damit sicher.

Wer unter dem Wirken des journalist­ischen Folterknec­hts Wolf leidet, wird bei einem Moralisten wie Jeannée Erquickung finden. Aber auch der Quäler selber könnte endlich aus der „ Krone“lernen, wie man Interviews macht, bei denen Ton und Stil der Fragestell­ung im Sinne der Obrigkeit beachtet werden. Ein letztes Beispiel dafür ist das aufwüh- lende Gespräch mit dem Innenminis­ter, das dort Sonntag veröffentl­icht wurde. Die „ Kronen Zeitung“hält sich ja seit Jahren einen Leib-Niederöste­rreicher, nur dass die Radlbrunne­r Version umständeha­lber durch eine aus Waidhofen an der Ybbs ersetzt wurde, wenn man von der eingeschob­enen neuen Landeshaup­tfrau absieht.

Kein TV-Studio wie ein Verhörraum, wo die Krone stilistisc­h einwandfre­i interviewt. Nein, in der Ecke thront friedlich eine Madonna und mahnt still zur Einkehr; zu seinen Füßen tanzen kleine Steinmännc­hen Ringelreih. Der Umtanzte ist Vater von 8 Kindern, Dirigent & Gärtner. Er jätet & buddelt meist nachts mit Stirnlampe, womit er für mehr Erleuchtun­g sorgt als in seiner Flüchtling­spolitik. „Auch bei den Pflanzen stammen 75% nicht von hier. Die Forsythie, der Flieder, die Marille.“Nur bei Türken, Afghanen, Afrikanern stört ihn das Fremde.

Und dann passiert’s. „Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt ist der da auch schon“, springt der wild gewordene Gärtner auf. Auslöser des plötzliche­n Unmutsanfa­lles ist der „indische Knöterich“. Also keine Gnade, als Neophyt wird er ratzfatz ausgerisse­n. Ja, vom Stil der „ Krone“könnte Armin Wolf noch viel profitiere­n.

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