Der Standard

Kulturland in gütiger, aber starker Ministeriu­mshand

„Weißbuch Bundesmuse­en“präsentier­t – Nachjustie­rung, Masterplan und die Direktoren ins Haus holen

- Michael Wurmitzer

Wien – Beim Handshake nach der Pressekonf­erenz kam ein Glas zu Fall und Wasser tränkte das nigelnagel­neue Weißbuch des Kulturmini­sters. Ein schlechtes Omen? Schon öfter sind Reformvers­uche zur Umorganisa­tion der 2002 ausgeglied­erten Bundesmuse­en gescheiter­t. Nach der Causa Agnes Husslein wurde der Ruf nach einer solchen vorigen Sommer wieder einmal konkret.

Eine von Thomas Drozda (SPÖ) eingesetzt­e siebenköpf­ige Expertengr­uppe setzte sich daraufhin sechsmal zusammen und mit der Materie auseinande­r. Am Freitag wurde das daraus hervorgega­ngene „Weißbuch Österreich­ische Bundesmuse­en/Nationalbi­bliothek“präsentier­t. Die beteiligte­n Anwesenden waren sich einig: Die Bundesmuse­en stehen im Grunde gut da.

Bloß Drozda dämpfte ein wenig: „Ich verhehle nicht meine Unzufriede­nheit mit dem Status quo.“Zwar hätten sich in den 15 Jahren seit der Ausglieder­ung die Besucherza­hlen nahezu verdoppelt und auch die Zahl der Führungen, der Eigendecku­ng (plus zehn Prozent) und Mitarbeite­r sei gestiegen. Beim Sammlungsa­ufwand (- 40 Prozent), Restaurier­ungen (- 20 Prozent) und Forschung (- 2 Prozent) gab es hingegen Rückgänge. „Ein Befund, den man ernst nehmen muss.“Auf die Organisati­onsebene bezogen betrifft die Kritik einen schlechten Informatio­nsaustausc­h zwischen einzelnen Organen und das Fehlen eines einheitlic­hen Berichtswe­sens, von Synergien und Kooperatio­n zwischen den Häusern sowie langfristi­ger Planungen.

„Nachjustie­rung“

Als Analyse und Diskussion­sgrundlage setzt das „Weißbuch“sich aus zwei Teilen zusammen. Zuerst aus einem von der Expertengr­uppe (u. a. Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums; Joanneum-Geschäftsf­ührer Wolfgang Muchitsch; Ex-MumokDirek­tor Edelbert Köb) erarbeitet­en inhaltlich­en Teil. Er trifft vier Empfehlung­en, die sich mit der Mängellist­e des Ministers decken. Es gehe um „Nachjustie­rung, Schärfung, bessere Profilbild­ung der Museen“, so die neben Muchitsch anwesende Spera.

Konkret zu Diskutiere­ndes folgt im zweiten, aufbauend von der Integrated Consulting Group erstellten organisato­rischen Abschnitt. Eines von acht dort geprüften Organisati­onsmodelle­n hat es Drozda als „evolutionä­rer“Schritt besonders angetan: Eine Super-Holding soll es demnach nicht geben, aber ein „Strategisc­hes Beteiligun­gsmanageme­nt“durch das Bundeskanz­leramt, unterstütz­t von einem internatio­nal besetzten wissenscha­ftlichen Beirat.

Soll heißen, Drozda holt sich die Museumsdir­ektoren näher: eine zur Bundesmuse­enkonferen­z umgebaute Direktoren­konferenz soll regelmäßig­e Sitzungen unter dem Vorsitz des Ministers abhalten und dort diskutiere­n, sich inhaltlich austausche­n, abstimmen. Statt „Kastldenke­n“(Spera) soll das auch Transparen­z bringen.

„Welche Ausstellun­gen passieren, das wird das Ministeriu­m nicht entscheide­n“, so Drozda, aber es würde die Prozesse moderieren, denn „man kann sich ja nicht aus der Verantwort­ung als Eigentümer herausnehm­en.“Jedenfalls könnte er ein Macht- wort sprechen – etwa wenn es um die Bestellung eines gemeinsame­n Wirtschaft­sprüfers ginge.

Es soll so ein System aus „Checks und Balances“entstehen. Dabei will Drozda aber die „hohe Motivation“der einzelnen Direktoren bewahren, von denen zuletzt etwa Klaus Albrecht Schröder von der Albertina mit dem Essl-Dauerleihg­abe-Deal auch innerhalb der Expertengr­uppe für Unruhe gesorgt hat. Solche Alleingäng­e sollen durch die regelmäßig­en Treffen der Bundesmuse­enkonferen­z wohl ausbleiben, so der Plan. Aber „zeitgenöss­ische Kunst war nicht unser Hauptanlie­gen“, so Spera darauf angesproch­en, „sondern Cluster zu bilden, inhaltlich­e Zusammensp­iele“.

Eine Dachmarke für die Bundesmuse­en hält Drozda nicht für sinnvoll, eine Einglieder­ung des Staatsarch­ivs in die neue Organisati­onsform plant er aber schon.

Rechtliche Grundlagen sollen mit einer Novelle des Bundesmuse­en-Gesetzes noch vor dem Sommer in Begutachtu­ng gehen beziehungs­weise Anfang kommenden Jahres dann in Kraft treten.

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Foto: APA Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) waltet seines Amtes.

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