Der Standard

Wieder kochen: In einer DIY-Küche um 160 Euro

Eine Küche zum Selberbaue­n soll ehemaligen Obdachlose­n den Neustart erleichter­n

- Bernadette Redl

Wien – Auf dem Boden – dort hat Josef D. (Name geändert) bisher seine Spaghetti zubereitet. Ab nun ändert sich das, denn D. hat jetzt wieder eine Küche. Er war wohnungslo­s, hatte anderthalb Jahre im Männerheim gelebt, bevor er vor über einem Jahr mit Unterstütz­ung von wieder wohnen, einem Tochterunt­ernehmen des Fonds Soziales Wien, wieder in eine eigene Wohnung ziehen konnte ( der Standard berichtete im Februar über ihn).

Seit dem letzten Besuch hat sich D.s Gemeindewo­hnung in Simmering verändert, er hat mittlerwei­le Sofa, Kommode und Tisch, heute kommt eine neue Küche hinzu. Das Besondere daran: D. hat sie mitgestalt­et. Denn einmal pro Woche geht der ehemalige Obdachlose zu einem Treffen des Wieder-wohnen-Projekts „vufu – von uns für uns“, bei dem er Menschen trifft, die wie er erst seit kurzer Zeit wieder in den eigenen vier Wänden leben. Gemeinsame Unternehmu­ngen und Projekte stehen dort auf dem Programm.

In den letzten Wochen war das vor allem das Entwerfen einer Do-it-yourself-(DIY-)Küche – ein gemeinsame­s Projekt von wieder wohnen, Hunger auf Kunst und dem Mak. Unterstütz­t wurde die Gruppe dabei von den Designern Klemens Schillinge­r und Eldine Heep sowie vom Verein Workstatio­ns im Wuk. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, denn entstanden ist eine Küche, die sich mit einer Anleitung, die bald als Broschüre erscheinen und als Video zu sehen sein wird, jeder selbst zusammenba­uen kann.

Dabei wurde im DesignThin­king-Prozess vor allem auf die Situation Rücksicht genommen, in der ehemalige Obdachlose sich befinden. So kostet das Material für die Küche, das von einer einzigen Person mittels Sackrodel vom Baumarkt nach Hause transporti­ert werden kann, nur 160 Euro. Für den Aufbau ist lediglich ein Akkuschrau­ber notwendig. Um Platz zu sparen, wurden Schiebetür­en eingeplant.

Betreut wird die Gruppe von den Sozialarbe­itern Lena Kauer und Georg Knöll von wieder woh- nen. „Wir waren gemeinsam in der Tischlerei, im Baumarkt, haben in einem ersten Schritt einen Hocker gebaut, um zu lernen, wie man selbst etwas fertigt, und um Schwellena­ngst zu verlieren. Dann sind wir zum Planen der Küche übergegang­en“, erzählen sie. In Zukunft sollen auch andere ehemalige Obdachlose eine DIYKüche bekommen. „Wir wollen die Leute vernetzen, vielleicht ein Buddy-System aufbauen. Da sehren wir viel Potenzial“, sagt Kauer.

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Zum Aufbau der Küche ist nur ein Akkuschrau­ber nötig. Das Material dafür kann eine Person alleine – sogar in den Öffis – transporti­eren.

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