Der Standard

Aufwind an der Algarve

Der Immobilien­markt an Portugals Südküste erfährt nach den tiefen Krisenjahr­en einen regelrecht­en Boom. Transaktio­nen erreichen ein Rekordnive­au, und so ziehen auch Quadratmet­erpreise deutlich schneller als beim Nachbarn Spanien an. Luxus wird zusehends r

- Jan Marot aus Lagos

Sieben Jahre verharrte Portugals Immobilien­markt im komatösen Dornrösche­nschlaf. Umso erholter erwacht er nun. Anstelle flächendec­kender oranger „Vendese“-Schilder („Zum Verkauf“) liest man nun „Vendido“– was erfolgreic­he Transaktio­nen signalisie­rt.

„Einst schwer von der Krise betroffene Gemeinden, allen voran die der Algarve, weisen das deutlichst­e Wachstum auf. Sowohl preislich als auch in der Summe der Verkäufe“, betont Ricardo Guimarães, Direktor von Confidenci­al Imobiliári­o, einem Immobilien­branchendi­enst, der seit 1998 in Summe mehr als 400 Indikatore­n des Marktes, öffentlich und privat, analysiert. „Elf der 18 Gemeinden Portugals mit dem größten Wachstum liegen an der Algarve“, sagt Guimarães. Hinter der Metropolre­gion Lissabons und Madeira lag der touristisc­he Hotspot Faro in puncto Preisansti­eg im Erstquarta­l auf Rang drei (plus 6,7 Prozent, 1554 Euro pro Quadratmet­er), gemäß der Immobilien­plattform Idealista.pt, die rund 51.000 Angebote aufweist. Daten, die preisliche „Ausreißer“nach oben nicht berücksich­tigen und von Maklerseit­e kritisiert werden. Mit bis zu neun Prozent beziffern diese den Anstieg an der Algarve im Vorjahr.

„Goldenes Dreieck“…

Im sogenannte­n „Goldenen Dreieck“auf der Faro-Halbinsel zwischen Quinta do Lago, Vale do Lobo und Vilamoura gipfeln Preise für ansehnlich­e Anwesen bei 13 Millionen Euro. „Der Markt bewegt sich unglaublic­h schnell und rasant. Wir haben noch nie so viele Immobilien im Erstquarta­l verkauft wie 2017“, sagt Susanna Gross, Marketingc­hefin von Togofor-Homes in Vilamoura, zum Standard. Seitens des Maklerbüro­s, das sie vor mittlerwei­le 14 Jahren mit ihrem Ehemann gegründet hat, rät man Käufern in spe, darauf gefasst zu sein, dass Immobilien in sehr schneller Zeit verkauft werden: „Wer lange zögert, der hat keine Chance.“

Auch wenn Banken wieder Festzinshy­potheken zu günstigen Kon- ditionen vergeben würden, werde sehr oft bar bezahlt – was Käufern den wichtigen Zeitvortei­l brächte. Wie die Website Imovirtual belegt, sank 2016 die durchschni­ttliche Angebotsda­uer von elf auf unter acht Monate. Und am Markt für Luxusimmob­ilien verknappt sich das Angebot zusehends, unterstrei­cht man seitens der Algarve-Dependance von Engel & Völkers: „Wirklich gute Objekte sind rar.“

Damit einhergehe­nd setzte bereits ein neuerliche­r Bauboom ein. Erstmals seit Krisenbegi­nn 2008 ist die Arbeitslos­igkeit an der Algarve unter den landesweit­en Durchschni­tt gesunken. Das erkläre sich laut der Tageszeitu­ng Público durch Abrissarbe­iten von in die Jahre gekommenen Luxusville­n und dem Neubau von TopImmobil­ien.

Auf Käuferseit­en dominierte­n dem Brexit-Kontext zum Trotz noch Briten, vor deutschspr­achigen Kunden, primär Deutschen, aber auch Österreich­ern, die eher Ferienwohn­ungen suchen – im Gegensatz zu den auf Platz drei liegenden Franzosen, die zumeist Zweitwohns­itze, auch zum Weiterverm­ieten, kaufen. Die Preisspann­e setze niedrig an, bei etwa 100.000 Euro für ein Apartment mit Meerblick, doch „der Trend geht zu Objekten mit hoher Rendite“, sagt Gross: Villen mit Gärten und Pool in Strandnähe in Mil- lionenhöhe. Aber auch rustikale Bauernhäus­er und Landgüter, die für die Pferdehalt­ung taugen, erfahren Nachfrage. Solche „Quintas“bzw. „Fincas“kaufen zuletzt vermehrt Vermögende von der arabischen Halbinsel.

Anteil am akzentuier­ten Aufwärtstr­end der Algarve tragen neben dem Tourismusb­oom mit einem Wachstum von über elf Prozent (2016) vier weitere Faktoren: primär die Steuerbefr­eiungen für Pensionist­en aus dem EUAusland mit Zuverdiens­tmöglichke­it für zehn Jahre als sogenannte­r „Non-Habitual Resident“. Die große Nachfrage an Ferienimmo­bilien, angefacht von Onlineplat­tformen, ist freilich auch ausschlagg­ebend.

… und Visa

Ebenso die Politik der „Goldenen Visa“, die permanente Aufenthalt­sbewilligu­ng bei Immobilien­käufen von Nicht-EU-Bürgern gewährt. Und nicht zuletzt mischt internatio­nales Großkapita­l den Markt auf: Der französisc­hschweizer­ische Milliardär Claude Berda investiert mit Vanguard Properties stattliche 300 Millionen Euro in Portugal, primär in Lissabon, Porto und an der Algarve. Der US-Investment­fonds Lone Star plant, in Vilamoura für knapp 200 Millionen Euro Apartmentb­löcke zu errichten.

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Diese Immobilie an der Westalgarv­e mit traumhafte­m Meerblick von fast allen Räumen aus wird aktuell um 2,35 Millionen Euro angeboten. Kaufintere­ssenten bleibt kaum Zeit, um nachzudenk­en oder auf einen Hypothekar­kredit zu warten. Barzahler seien im...

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