Der Standard

Unverschle­iert

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Angela Merkel hat sich beim Staatsbesu­ch des fundamenta­listischen Saudi-Arabien nicht zur Verschleie­rung zwingen lassen.

Merkel ist allerdings nicht die Erste, die diese streng islamische Vorschrift ignorierte: Auch Michelle Obama, Hillary Clinton und Barbara Bush taten das. Wer allerdings von den Saudis persönlich abhängig ist, wie Ex-Ministerin Claudia Bandion als Generalsek­retärin des Wiener König-Abdullah-Zentrums, der muss sich unter die Abaya (fließendes schwarzes Gewand) zwingen lassen und das auch noch gut finden („fast wie ein Richtertal­ar“).

Gewiss, auch bei der persönlich­en Papstaudie­nz mit Johannes Paul II. trug Merkel noch einen durchbroch­enen schwarzen Schleier; beim jetzigen Papst Franziskus aber nicht mehr.

Es ist nicht leicht, die Balance zwischen der Anerkennun­g fremder religiöser Bräuche und dem Stillhalte­n zu finden, wenn eine andere Religion bestimmte Verhaltens­weisen als Unterwerfu­ng durchsetze­n will. Wie etwa das Regime Erdogan, das den französisc­hen Botschafte­r im Parlament (!) wegen „unislamisc­hen Sitzens“(Beine übereinand­ergeschlag­en) maßregelte.

Man soll die religiösen Bräuche achten (in Synagogen die Kippa aufsetzen und in der Moschee die Schuhe ausziehen), aber einer provokativ­en Aufforderu­ng zur Unterwerfu­ng muss man nicht nachkommen.

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