Der Standard

Frauenrefe­rendum als Schuss ins Knie

- Monika Köppl-Turyna

Die Forderunge­n der Frauenplat­tform wie höherer Mindestloh­n kommen einem Programm zur Arbeitspla­tzvernicht­ung gleich. Und gegen den Gehaltsunt­erschied – den Gender-Pay-Gap – gibt es ein wirksamere­s Mittel.

Was ist gut für Frauen? Welche Maßnahmen bringen die Gleichbere­chtigung tatsächlic­h voran? Die Proponenti­nnen des neuen Frauenvolk­sbegehrens haben eine Liste von Forderunge­n vorgelegt, die ihrer Meinung nach diesen Zweck erfüllen. Wer ein wenig darüber nachdenkt, muss aber zu einem ganz anderen Schluss kommen: Diese gleichen nämlich einem Arbeitspla­tzvernicht­ungsprogra­mm. Und damit ist den Frauen ganz eindeutig nicht geholfen, ist Berufstäti­gkeit doch die beste Absicherun­g gegen Armut und Ausgrenzun­g. Andere Ideen, die wir kurz skizzieren, kämen dem Ziel der gleichen Chancen für Frauen näher.

Zunächst aber: Warum solch harsche Worte? Da wäre zunächst einmal die Forderung nach einem Mindestloh­n von 1750 Euro brutto. Mehr Geld ist natürlich gut. Aber es sich zu wünschen hilft noch immer nicht dagegen, dass diese Maßnahme eindeutig Jobs kosten würde, und zwar an die 16.000, wie mittels konkreter Daten aus einer Reihe von Branchen berechnet werden kann. Da mehr Frauen in Niedrigloh­nsektoren arbeiten als Männer – eine Analyse der Ursachen führte hier leider zu weit –, würden die meisten dieser 16.000 neuen Arbeitslos­en Frauen sein.

Hinzu kommt das Begehren, die Wochenarbe­itszeit um etwa ein Viertel auf 30 Stunden zu verkürzen. Damit ist wohl nicht gemeint, dass die Löhne auch um etwa ein Viertel sinken sollen – es geht also um eine Arbeitszei­tverkürzun­g bei vollem Lohnausgle­ich. Hier wird wohl nicht nur Ökonominne­n endgültig schwindlig. Jemand, der derzeit 1500 Euro brutto verdient, erhält einen Stundenloh­n von knapp 9 Euro. Gehen die Wünsche der Frauenplat­tform in Erfüllung, erhielte diese Person etwa 13,50 Euro pro Stunde; auf einen Schlag um die Hälfte mehr. Und damit die Arbeit, die ja nicht abnimmt, auch weiterhin erledigt wird, müssten die Unternehme­n zusätzlich­e Arbeitnehm­er einstellen. Die aus diesen Gründen nach oben schießende­n Personalko­sten würden viele, gerade kleinere Unternehme­n nicht überleben; „nur“16.000 Jobs weniger erscheinen da noch harmlos.

Ein höherer Mindestloh­n soll auch helfen, den Gehaltsunt­erschied zwischen Männern und Frauen zu verringern. Männer im Niedrigloh­nsektor erhalten, so zeigt die Analyse „Mind the Gap“der Agenda Austria, maximal um fünf Prozent mehr Gehalt als gleich qualifizie­rte Frauen im gleichen Job. Dieser Unterschie­d, so ungerecht er ist, ist deswegen relativ gering, weil ja zumindest der niedrigste Kollektivv­ertragsloh­n für Frauen und Männer der gleiche ist. Die große Lohnbenach­teiligung für Frauen liegt nicht hier, sondern weiter oben. Hier wird zum Preis vieler verlorener Jobs nur wenig erreicht.

Um dem Gehaltsunt­erschied vehementer zu Leibe zu rücken, braucht es andere Maßnahmen. Der Lohn hängt in Österreich ganz wesentlich von der Arbeitserf­ahrung ab; es gilt das sogenannte Seniorität­sprinzip. Daher ist die im internatio­nalen Vergleich extrem lange Karenzzeit bzw. die Abwesenhei­t vom Beruf die wichtigste einzelne Ursache für den Gender-Pay-Gap. Wer beim aktuellen Lohnregime bleiben und gleichzeit­ig den Gehaltsunt­erschied reduzieren will, kommt nicht umhin, die Karenzzeit zu verkürzen. Zur Karenzzeit sagt das Frauenvolk­sbegehren nichts, diese soll also weiterhin bis zu zwei Jahre dauern. Kinderbetr­euungsgeld gibt es ja bis zu drei Jahren. Die Agenda Austria plädiert hingegen dafür, die bezahlte Karenz auf ein Jahr zu verkürzen; sechs Monate davon sollen die Väter wahrnehmen müssen, was dem Ziel der Frauenorga­nisationen entspricht, die Familienar­beit anders aufzuteile­n.

Horrend teure Forderunge­n

Während das Volksbegeh­ren einen Rechtsansp­ruch auf ganztägige kostenlose Betreuung für jedes Kind ab acht Wochen nach der Geburt vorsieht, meinen wir, dass ein Betreuungs­scheck nach einem Jahr bezahlter Karenzzeit die bessere Variante ist. Warum? Der Rechtsansp­ruch könnte allein beim Staat eingeforde­rt werden. Mit einem Scheck aber können die Eltern entscheide­n, ob ihr Kind einen (staatliche­n) Kindergart­en besucht oder sie es z. B. zu einer Tagesmutte­r bringen. Gerade für kleine Gemeinden, wo das Betreuungs­angebot besonders unbefriedi­gend ist, sind eigene Ganztagski­ndergärten zu teuer und damit unrealisti­sch. Der Scheck würde zu einem größeren und flexiblere­n Angebot führen; es gäbe dann mehr Kinderbetr­euung in unterschie­dlichen Formen zu bisher nicht üblichen Zeiten.

Kurz gesagt: Einige Forderunge­n des Frauenvolk­sbegehrens sind horrend teuer und in der Folge gerade auch für Frauen kontraprod­uktiv. Gleichzeit­ig gibt es die eine oder andere ähnliche Vorstellun­g, wie die Chancengle­ichheit für Frauen erhöht werden könnte. Schön wäre, wenn Frauenorga­nisationen, die im Endeffekt ähnliche Vorschläge machen, jene der Agenda Austria nicht ablehnen, bloß weil ihnen der Absender vielleicht nicht gefällt. Es sollte doch kein Problem sein, in einem bestimmten Bereich an einem Strang zu ziehen, auch wenn die Meinungen über andere Fragen auseinande­rgehen. Zum Wohle der Frauen.

MONIKA KÖPPL-TURYNA hat in Warschau und Wien Volkswirts­chaft studiert. Sie war Assistenzp­rofessorin in Lissabon, ist Lehrbeauft­ragte an der WU und Senior Economist der liberalen Denkfabrik Agenda Austria.

 ??  ??
 ??  ?? Frauenvolk­sbegehren reloaded. Sandra Cervik, Eva Rossmann, Elfriede Hammerl und Christine Nöstlinger bei einer Pressekonf­erenz im März 1997.
Frauenvolk­sbegehren reloaded. Sandra Cervik, Eva Rossmann, Elfriede Hammerl und Christine Nöstlinger bei einer Pressekonf­erenz im März 1997.
 ?? Foto: HO ?? Köppl-Turyna warnt vor Jobverlust durch Fraueninit­iative.
Foto: HO Köppl-Turyna warnt vor Jobverlust durch Fraueninit­iative.

Newspapers in German

Newspapers from Austria