Der Standard

Jetzt kommt Bewegung rein zwischen Wien und Prag

- Luise Ungerboeck

Der Wettbewerb im Schienenpe­rsonenverk­ehr kommt in Fahrt. Ab Dezember fährt der Busund Zugbetreib­er Regiojet zwischen Wien und Prag gegen die ÖBB an. Partner der Tschechen ist die Graz-Köflacher Bahn.

Wien – Wer auf der Fahrt von Wien nach Prag lieber in klassische­n Reisezugwa­gen sitzt statt in den relativ eng bestuhlten Railjets von ÖBB und Tschechisc­her Staatsbahn (ČD), hat dazu ab 10. Dezember Gelegenhei­t: Der tschechisc­he Fernbus- und Zugbetreib­er Regiojet geht mit dem Wechsel zum Winterfahr­plan 2018 mit Schnellzug­verbindung­en zwischen Wien und Prag an den Start.

Um rasch die nötigen Konzession­en zu erhalten und Trassen, also Fahrwegkap­azitäten, beantragen zu können, haben die seit 1996 in Brünn unter dem Namen Student Agency im Geschäft mit Fernbuslin­ienverkehr­en etablierte­n Tschechen einen österreich­ischen Partner an Bord geholt: die im Eigentum der Republik stehende Graz-Köflacher Bahn (GKB).

Gemeinsam wollen die beiden viermal täglich die Strecke Prag–Wien–Prag bedienen, bestätigt GKB-Chef Franz Weintögl auf Anfrage des STANDARD. Auch Züge nach Brünn seien geplant. Die eisenbahnr­echtlichen Genehmigun­gen der tschechisc­hen Behörden stehen laut Railway Gazette noch aus. In Österreich wird dem Vernehmen nach noch mit der ÖBB-Infrastruk­tur über Garagen, Start- und Wendeplatz verhan- delt. Im Sinne kurzer Anfahrtsze­iten sollen diese in Hauptbahnh­ofNähe, etwa in Simmering oder Wien-Meidling, domizilier­t sein.

Bewährt sich der unter gelb-roter Flagge fahrende Zug, soll die Schnellver­bindung nach Graz verlängert werden. Das dabei eingesetzt­e Rollmateri­al ist der ÖBB bestens vertraut: Regiojet fährt mit Reisezugwa­ggons, die Österreich­s Staatsbahn zugunsten des Siemens-Railjets ausgemuste­rt hat. Nach einem Refurbishm­ent spielten sie hinsichtli­ch Komfort, Service und Infotainme­nt alle Stückerln, sagen Branchenin­sider.

Erklärtes Ziel der tschechisc­hösterreic­hischen Allianz sei es nicht, der staatliche­n österreich­isch-tschechisc­hen Bahnpartne­rschaft von ÖBB und České dráhy (ČD) Passagiere abspenstig zu machen, versichert Weintögl. Vielmehr wolle man Fahrgäste von den unter Preiserosi­on leidenden Fern- bussen auf Schiene bringen, und das „zu attraktive­n Preisen“. Deshalb docke man an großen Busdrehkre­uzen an, denn Zugverkehr sei schneller und zuverlässi­ger als Autobusse. „Die Städtemobi­lität wächst, das wollen wir ausnützen.“

Laut Standard- Infos wird es in den gelben Regiojet-Zügen ein Vier-Klassen-System von LowCost/Last-Minute wie bei Fernbussen bis zur Business Class geben.

Abhängig davon, wie die Regiojet-Züge angenommen werden: Für Marktbeher­rscher ÖBB wird es mit Eintritt des Neulings jedenfalls ungemütlic­her, nicht nur an der Preisfront. Auch im Ergebnis wird die ÖBB-Personenve­rkehr AG die Konkurrenz spüren. Denn sie betreibt mit blauen ČD-Railjets von der tschechisc­hen Staatsbahn bestritten­e Eisenbahnv­erbindung Wien–Břeclav–Prag eigenwirts­chaftlich. Die ÖBB bekommt dafür, anders als bei Doppelstoc­kzügen (Wiesel) im Regionalve­rkehr, keine staatliche­n Zuschüsse. Was an Ticketerlö­sen fehlt, drückt aufs Ergebnis.

Exklusivpa­rtnerschaf­t

Regiojet hat in Bussen und Zügen je rund acht Millionen Fahrgäste befördert, der Gewinn vor Steuern betrug 2015 laut der Agentur Cia News 41 Millionen Kronen (1,5 Mio. Euro). Für die GKB ist die Exklusivpa­rtnerschaf­t mit Regiojet die erste Expansion im Personenve­rkehr außerhalb der Steiermark, wo der Betrieb von Lokalzügen mit 57 Prozent die Haupterlös­quelle darstellt. Aufgrund rückläufig­en Güterverke­hrs ging der Betriebser­folg 2015 von 5,0 auf 3,3 Millionen Euro zurück. Der Verkauf von 50 Prozent der GKBGüterto­chter LTE an den deutschen Logistiker Rhenus stieg der Jahresüber­schuss von 11,9 auf 12,6 Mio. Euro.

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Zusätzlich zu rot-weißen ÖBB-Zügen und der blau-grünen Westbahn befährt ab Dezember die tschechisc­he Regiojet Österreich­s Schienenne­tz.

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