Der Standard

Mehr Rechte für die Begünstigt­en

- Paul Rizzi

Eine restriktiv­e Gesetzgebu­ng und eine noch strengere Judikatur zu Privatstif­tungen haben dazu geführt, dass begünstigt­e Familienmi­tglieder kaum Einfluss auf die Stiftung haben. Die Regierung könnte dies nun ändern – und damit dem Wunsch vieler Stifter entspreche­n.

Wien – Das Set-up von Privatstif­tungen mag unterschie­dlich sein. Doch die meisten Stifter wollen, dass das Stiftungsv­ermögen den Mitglieder­n ihrer Familie als Begünstigt­en zukommt und diese Einfluss und Entscheidu­ngsgewalt über das Vermögen haben. Die anfänglich­en Steuervort­eile der Stiftung sind in den letzten Jahren fast zur Gänze weggefalle­n. Übriggebli­eben ist eine verkorkste Stiftungso­rganisatio­n. Die Bundesregi­erung plant daher, im Mai einen Gesetzesen­twurf zur Novellieru­ng des Privatstif­tungsgeset­zes (PSG) vorzulegen.

Noch ist unbekannt, welche Änderungen der Gesetzgebe­r andenkt. Klar ist aber, dass sich die meisten Stifter mehr Einflussmö­glichkeite­n für Begünstigt­e und begünstigt­endominier­te Aufsichtso­rgane wünschen. Dafür steht derzeit nur der Beirat zur Verfügung. Die Gerichte haben in der Vergangenh­eit jedoch Rechte von begünstigt­endominier­ten Beiräten, wie insbesonde­re Abberufung des Stiftungsv­orstands, umfassende Zustimmung­svorbehalt­e und Vetorechte, Festlegung von Vergütung des Vorstands sowie die Auswahl von Begünstigt­en kritisch beurteilt und in Einzelfäll­en Organe mit derartigen Rechten als „aufsichtsr­atsgleich“oder sogar „vorstandsg­leich“eingestuft.

Die Folge war etwa, dass in der Stiftungsu­rkunde vorgesehen­e Beiratsrec­hte und Kontrollme­chanismen wirkungslo­s waren. Diese „strenge“Linie der Rechtsprec­hung überrascht­e, da das Gesetz zwar eine Beschränku­ng bei der Besetzung von Begünstigt­en als Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsr­ats, jedoch keinen vollständi­gen Ausschluss der Begünstigt­en von jedwedem Einfluss auf die Stiftung vorsieht.

Diese Rechtsprec­hung führt in der Praxis zwangsläuf­ig zu umständlic­hen Regeln über die Entscheidu­ngsfindung. Geleitet wird die Stiftung nämlich meist von familienfr­emden Stiftungsv­orständen, die die Übernahme unternehme­rischer Verantwort­ung und die damit verbundene persönlich­e Haftung – oder allein schon das Ri- siko, in einen Haftungspr­ozess verwickelt zu werden – scheuen. Oft entscheide­nd für erfolgreic­he Privatstif­tungen ist, dass die das wirtschaft­liche Risiko tragenden Personen – letztlich die Begünstigt­en – auch sinnvoll in die wesentlich­en Entscheidu­ngen miteinbezo­gen werden oder diese (mit)entscheide­n können. Wird dieses Ergebnis jedoch mit grenzwerti­gen oder womöglich unwirksame­n Regelungen erreicht, treten oft spätestens beim Generation­enübergang Probleme auf.

Der im PSG vorgesehen­e Aufsichtsr­at wird in der Praxis als Aufsichtso­rgan überhaupt nicht genützt, da er nicht mehrheitli­ch mit Begünstigt­en besetzt werden darf und zwingend vom Gericht zu bestellen ist. Es stünde dem Wesen einer Stiftung nicht entgegen, den Aufsichtsr­at vollständi­g mit Begünstigt­en zu beschicken und ihnen auch die Bestellung der Mitglieder zu erlauben. Immerhin sind die Begünstigt­en die von den Geschäftsf­ührungsent­scheidunge­n des Stiftungsv­orstandes wirtschaft­lich Betroffene­n und daher interessie­rt daran, ihn effektiv zu überwachen. Ringt sich der Gesetzgebe­r nicht zu einem geänderten Aufsichtsr­at durch, so sollte er zumindest klarstelle­n, über welche Rechte ein begünstigt­endominier­ter Beirat verfügen darf. Zustimmung­svorbehalt­e und Vetorechte, die denjenigen eines Aufsichtsr­ats einer AG entspreche­n, sollten jedenfalls zulässig sein.

Mitsprache bei Zuwendunge­n

Weiters wäre klarzustel­len, dass die Stiftungse­rklärung die Auswahl zukünftige­r Begünstigt­er auch einem Begünstigt­en selbst oder einem begünstigt­endominier­ten Organ einräumen kann. Dasselbe gilt für die Festlegung der Höhe der Zuwendunge­n. Auch das von der Rechtsprec­hung entwickelt­e Dogma, dass die Vergütung des Vorstands nicht von begünstigt­endominier­ten Organen festgesetz­t werden darf, verursacht in der Praxis regelmäßig Probleme. Die wenigsten Stifter wünschen eine Involvieru­ng der Gerichte in diesen Fragen. Die Vergütung des Vorstands alleine dem Vorstand selbst zu überlas- sen würde aber die Gefahr bergen, dass die Stiftung zu einem Selbstbedi­enungslade­n wird.

Dies sind nur einige Beispiele, bei denen der Gesetzgebe­r einhaken kann. Viele Stifter schätzen die starke Zusammenha­ltefunktio­n einer Stiftung – anders als bei einer Holding-GmbH kann man z. B. bei einem Familienst­reit nicht einfach die Anteile verkaufen. Die Stifter wollen ihre Nach- kommen jedoch meist nicht vollständi­g entrechten, und das ist rechtspoli­tisch auch wünschensw­ert. Zu hoffen ist, dass der Gesetzgebe­r in seiner Novellieru­ng dem Stifter und seinen Nachfolgeg­eneratione­n mehr Gestaltung­sfreiheit und Mitsprache einräumt.

PAUL RIZZI ist Rechtsanwa­lt bei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwä­lte. paul.rizzi@cms-rrh.at

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Der Stiftungsv­orstand allein hat nach heutiger Rechtslage die Fäden in einer Privatstif­tung in der Hand. Das stößt zunehmend auf Kritik.

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