Nur ja nicht in die Schublade!
Das von Kulturminister beauftragte Reformpapier für die Bundesmuseen hat Charme
ANALYSE: Wien – Nun ist es also da, das von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) 2016 in Auftrag gegebene Weißbuch zur Reform der Bundesmuseen. Auslöser für dessen Erarbeitung war die ComplianceCausa um Ex-Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco. Befürchtungen, der Minister werde nach der „Sache“eine Beruhigungspille verordnen und ein paar Feigenblätter präsentieren, bewahrheite- ten sich nicht: Die 115 Seiten, verfasst von zwei Expertengruppen, verdienen die Bezeichnung „Weißbuch“. Jetzt liegt es an Drozda, es nicht in der Schublade verschwinden zu lassen.
Die Absage des Ministers an das im Raum stehende Modell, die Museen analog zu den Bundestheatern in einer Holdingsstruktur zu vereinigen oder sie gar mit den Bühnen zu einer Super-Kulturholding des Bundes zu fusionieren, ist zu begrüßen und nach den Erfahrungen mit dem Burgtheater-Desaster auch nachvollziehbar. Zu evident scheint die Gefahr, beim Dirigieren großer Strukturen einen millionenschweren Kontrollverlust zu erleiden.
Jenes Modell, das Drozda ins Auge fasst, sollte sich leicht und kostensparend umsetzen lassen. Und es ist bodenständiger, als sein gestelzter Name vermuten lässt: Ein „Strategisches Beteiligungsmanagement durch das Bundeskanzleramt“. Konkret heißt das, dass die bisher mehr am Papier als im museumspolitischen Alltag verankerte Direktorenkonferenz, in der die wissenschaftlichen Leiter der Museen in regelmäßigen Sitzungen ihr Vorgehen diskutieren und abstimmen sollten, eine massive Aufwertung erfährt.
Allein der neue Name „Bundesmuseenkonferenz“spricht für sich: Statt Alleingänge der Direktoren soll mehr Kooperation auf inhaltlicher wie wirtschaftlicher Ebene Einzug halten. Vorsitz, Beratung und Moderation der Konferenz fallen dem Ministerium zu – dieses erhält museumspolitisches Know-how durch einen ständigen wissenschaftlichen Expertenbeirat, der seine Empfehlungen im Internet veröffentlichen soll. Ein guter, nach internationalem Standard längst überfälliger Schritt.
Boom durch Marketing
Stellschrauben, an denen in dem neuen Gremium gedreht werden sollte, gibt es genügend: Gemeinsame Compliance-Bestimmungen, mehr Verteilungsgerechtigkeit durch einen Rahmenkollektivvertrag und Eindämmung der Direktoren-Spitzengehälter, konkrete Richtlinien für Sammlungserweiterungen durch private Leihgaben, enge inhaltliche Zusammenarbeit und eine wünschenswerte gemeinsame Jahreskarte für alle Bundesmuseen. Auch an eine Zweckwidmung von Teilen der Basissubvention sollte gedacht werden. Ihren beachtlichen Besucherboom seit der Ausgliederung haben die Museen auch durch fettere Marketingbudgets zulasten der wissenschaftlichen Aufgaben erreicht.
Viel Zeit wird Drozda wegen der drohenden Neuwahl nicht bleiben. Und auch an der Glaubwürdigkeit gilt es zu arbeiten. Denn mit dem umstrittenen Dauerleihgaben-Deal zwischen der Albertina und der Sammlung Essl, der in der Direktorenkonferenz nicht abgesprochen wurde, haben er und Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder zuletzt das genaue Gegenteil dessen getan, was im Weißbuch gefordert wird.