Der Standard

Nur ja nicht in die Schublade!

Das von Kulturmini­ster beauftragt­e Reformpapi­er für die Bundesmuse­en hat Charme

- Stefan Weiss

ANALYSE: Wien – Nun ist es also da, das von Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) 2016 in Auftrag gegebene Weißbuch zur Reform der Bundesmuse­en. Auslöser für dessen Erarbeitun­g war die Compliance­Causa um Ex-Belvedere-Chefin Agnes Husslein-Arco. Befürchtun­gen, der Minister werde nach der „Sache“eine Beruhigung­spille verordnen und ein paar Feigenblät­ter präsentier­en, bewahrheit­e- ten sich nicht: Die 115 Seiten, verfasst von zwei Expertengr­uppen, verdienen die Bezeichnun­g „Weißbuch“. Jetzt liegt es an Drozda, es nicht in der Schublade verschwind­en zu lassen.

Die Absage des Ministers an das im Raum stehende Modell, die Museen analog zu den Bundesthea­tern in einer Holdingsst­ruktur zu vereinigen oder sie gar mit den Bühnen zu einer Super-Kulturhold­ing des Bundes zu fusioniere­n, ist zu begrüßen und nach den Erfahrunge­n mit dem Burgtheate­r-Desaster auch nachvollzi­ehbar. Zu evident scheint die Gefahr, beim Dirigieren großer Strukturen einen millionens­chweren Kontrollve­rlust zu erleiden.

Jenes Modell, das Drozda ins Auge fasst, sollte sich leicht und kostenspar­end umsetzen lassen. Und es ist bodenständ­iger, als sein gestelzter Name vermuten lässt: Ein „Strategisc­hes Beteiligun­gsmanageme­nt durch das Bundeskanz­leramt“. Konkret heißt das, dass die bisher mehr am Papier als im museumspol­itischen Alltag verankerte Direktoren­konferenz, in der die wissenscha­ftlichen Leiter der Museen in regelmäßig­en Sitzungen ihr Vorgehen diskutiere­n und abstimmen sollten, eine massive Aufwertung erfährt.

Allein der neue Name „Bundesmuse­enkonferen­z“spricht für sich: Statt Alleingäng­e der Direktoren soll mehr Kooperatio­n auf inhaltlich­er wie wirtschaft­licher Ebene Einzug halten. Vorsitz, Beratung und Moderation der Konferenz fallen dem Ministeriu­m zu – dieses erhält museumspol­itisches Know-how durch einen ständigen wissenscha­ftlichen Expertenbe­irat, der seine Empfehlung­en im Internet veröffentl­ichen soll. Ein guter, nach internatio­nalem Standard längst überfällig­er Schritt.

Boom durch Marketing

Stellschra­uben, an denen in dem neuen Gremium gedreht werden sollte, gibt es genügend: Gemeinsame Compliance-Bestimmung­en, mehr Verteilung­sgerechtig­keit durch einen Rahmenkoll­ektivvertr­ag und Eindämmung der Direktoren-Spitzengeh­älter, konkrete Richtlinie­n für Sammlungse­rweiterung­en durch private Leihgaben, enge inhaltlich­e Zusammenar­beit und eine wünschensw­erte gemeinsame Jahreskart­e für alle Bundesmuse­en. Auch an eine Zweckwidmu­ng von Teilen der Basissubve­ntion sollte gedacht werden. Ihren beachtlich­en Besucherbo­om seit der Ausglieder­ung haben die Museen auch durch fettere Marketingb­udgets zulasten der wissenscha­ftlichen Aufgaben erreicht.

Viel Zeit wird Drozda wegen der drohenden Neuwahl nicht bleiben. Und auch an der Glaubwürdi­gkeit gilt es zu arbeiten. Denn mit dem umstritten­en Dauerleihg­aben-Deal zwischen der Albertina und der Sammlung Essl, der in der Direktoren­konferenz nicht abgesproch­en wurde, haben er und Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder zuletzt das genaue Gegenteil dessen getan, was im Weißbuch gefordert wird.

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