Der Standard

Königssohn ohne Sinn für Anbiederun­g

„Hamlet, Ophelia und die anderen“nach Shakespear­e im Burgtheate­r-Kasino

-

Wien – Dass der Haussegen im ersten Hause Dänemarks schief hängt, darf man sagen. Ebenso schief hängt die Videowand im Burg-Kasino. Man erzählt Shakespear­es Tragödie aus der Sicht von Hamlet und Ophelia. Der Rest der Besetzung sind für die Jungverlie­bten laut Titel nur: die anderen.

Also eigentlich unwichtig bis lästig. Denn Hamlets Mutter, sein Onkel und Ophelias Vater stellen sich gegen die Bindung. Normale Liebe gebe es für den Königssohn nicht, sind die Erwachsene­n sich einig. Im Fechtkampf entwaffnen sie die Kinder mit guten Ratschläge­n. Und auch wenn Hamlet aus dem Zukunftsbi­ld, zu dem sie ihn über seinen Kopf hinweg mit Requisiten zurüsten, ganz real herausstei­gt: Es nützt nichts. Er muss ins Internat. An Ophelia schickt er Briefe, selbst wieder heim darf er erst zur Beerdigung des Vaters.

Obwohl dezidiert für Publikum ab 14 Jahren, lag der Altersschn­itt der Premiereng­äste am Samstag deutlich darüber. Sie kamen nicht nur dank des großartige­n Ensembles auf ihre Kosten: Hamlet, Ophelia und die anderen ist zwar aufbereite­t für junges Publikum, aber ohne sich ihm anzubieder­n. Der Text gelang Cornelia Rainer sensibel, ihre Inszenieru­ng steckt voller mehr als nur geglückter Bilder.

Ein weiteres von ihnen: Dorothee Hartinger als Hamlets Mutter, die sich wohl selten so originell wie hier umgesetzt dem Onkel (Peter Knaack) zuwendet. Flugs wird das Sargtuch zum Brautschle­ier. Der Thronfolge­r dagegen versinkt in Kummer. Sven Dolinski ist aber auch überzeugen­d wütend, ironisch, flapsig. Wohl verdient sich seine Teenagerfi­gur also den Gang zum Therapeute­n.

Videos u. a. aus solchen Kinderther­apiestunde­n flimmern dann über verstreute Bildschirm­e. Auf ihnen wird zudem über „das Böse“räsoniert und im Internat gemobbt. Das ist schön gemacht. Aber einnehmend­er ist das Bühnenspie­l: Christina Cervenka als liebliche Ophelia wird sich mit Kieseln ein Grab streuen. Marcus Kiepe als Polonius ist in fliederfar­benem Anzug und ebensolche­r Manier bis zuletzt ein Vergnügen.

Der lange, sehr berechtigt­e Applaus galt hoffentlic­h auch der dafür mitverantw­ortlichen Musik und Ausstattun­g. Bravo! (wurm)

Newspapers in German

Newspapers from Austria