Der Standard

Linke Totengräbe­r

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Die Präsidents­chaftskamp­agne in Frankreich, die Wahldebatt­en in Deutschlan­d und die Bankrotter­klärung der Wiener SPÖ zeigen – in jeweils unterschie­dlicher Form – die bedenklich­e Rolle der radikalen Linken, oder – im heutigen Sprachgebr­auch – der Linkspopul­isten. Man darf nicht die Lehren aus den Dreißigerj­ahren in Deutschlan­d oder Frankreich vergessen, als „die Nationalis­ten einer fremden Macht“(Leon Blum), nämlich die von der Komintern gelenkten Kommuniste­n durch ihre Obstruktio­n jeden Versuch zur Schaffung einer Einheitsfr­ont sabotiert haben.

Heute gibt es paradoxe Konfrontat­ionen. Die politische und mediale Unterstütz­ung des Kremls etwa für den rechtsextr­emen Front National und ähnliche Parteien entzieht sich dem starren Rechts-linksSchem­a. Putins Russland geht es ja nicht um Ideologie, sondern um reine Machtinter­essen bei der Spaltung des Westens. Man soll ja nicht überall die „Hand Moskaus“suchen, Putin hat den Zerfallspr­ozess der Europäisch­en Union nicht verursacht, er nützt ihn nur für die russische Expansions­strategieE aus. inige Beispiele für die zynischen Machtspiel­e jener Politiker, die sich links nennen: Als einziger der unterlegen­en Präsidents­chaftskand­idaten hat in Frankreich der Ex-Trotzkist und Linksaußen Jean-Luc Mélenchon keine Wahlempfeh­lung für den proeuropäi­schen Überraschu­ngskandida­ten der Mitte, Emmanuel Macron, abgegeben. Erst nach einer Woche bequemte er sich in einem TVIntervie­w, sich gegen Marine Le Pen auszusprec­hen, aber auch jetzt ohne eine klare Empfehlung für die sieben Millionen Wähler, die ihn am 24. April gewählt hatten. Ein knapper Abstand zum wahrschein­lichen Wahlsieger Macron, vor allem wegen Mélenchons Haltung, wäre ein böses Omen für die bevorstehe­nden T Parlaments­wahlen. rotzdem wurde Mélenchon nicht zufällig von der Fraktionsv­orsitzende­n der deutschen Linksparte­i, Sahra Wagenknech­t, über den grünen Klee gelobt. Neoliberal oder rechtsextr­em – beides ist für die Frau des einstigen SPDPolitik­ers Oskar Lafontaine gleich schlimm. Ein LinkeBunde­stagsabgeo­rdneter formuliert­e mit Worten, die an die Agitation der KPD vor Hitlers Machtergre­ifung erinnerten: Die Entscheidu­ng zwischen Macron und Le Pen sei nur eine „zwischen Pest und Cholera“. Dass die meisten LinkePolit­iker ebenso Fans des Putin-Regimes sind wie Mélenchon (und übrigens auch Le Pen!) und dass sie die „Überwindun­g der Nato durch ein kollektive­s Sicherheit­ssystem unter Einschluss Russlands“wünschen, deutet die möglichen Folgen eines rot-rot-grünen Bündnisses nach der Bundestags­wahl im September an.

Und was hat das alles mit dem Parteitag der Wiener SPÖ zu tun? Eine Partei, deren wichtigste Landesorga­nisation – trotz vieler Mahnungen (siehe Caspar Einem im STANDARD) – in selbstmörd­erischen Fraktionsk­ämpfen völlig zerrüttet ist, wird als linke Kraft für die Wähler unglaubwür­dig. Hier geht es nicht um Ideologie, geschweige denn um Werte, sondern ausschließ­lich um von Eitelkeit und Rachsucht getriebene Machtgier. Die Folgen aber, die Schwächung der liberalen Demokratie vor schicksals­haften Wahlen, könnten ähnlich sein wie in Frankreich.

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