Sozialdemokratisches Potenzial gegen rechts
Macron zeigt in Frankreich, dass von den Rändern mobilisiert werden kann
Kann sein, dass Hans Rauscher, der oft kluge Artikel schreibt, recht hat. Seine Einschätzung der beiden „Lager“in der Wiener SPÖ als „links-liberal“vs. „rechts-autoritär“liegt aber ein wenig gewaltig schief (sic!), auch wenn man ihm die historische Fehldiagnose von Partei„Flügeln“als „Lager“nachsieht, die vielleicht demnächst aufeinander schießen?
Ein profunder Kritiker der SPÖ wie Anton Pelinka hat dafür nur den Begriff „FPÖ light“in den Raum gestellt, was doch weit entfernt ist von den tatsächlich demokratiegefährlichen rechts-autoritären Tendenzen, die allenthalben in Europa zu beobachten sind. Dies ist jedoch nicht der einzige internationale politische und kulturelle Trend in unseren Krisenzeiten. Denn es gibt auch noch eine nicht zu vergessende gegenläufige Bewegung, die zwar auf eine generelle Auflösung der Spätnachkriegsstrukturen im Wählerverhalten und in vielen Regierungspolitiken hinausläuft, aber doch nicht als „rechts-autoritär“taxiert werden kann.
Gerade der viele Beobachter überraschende Erfolg des Emmanuel Macron in Frankreich hat gezeigt, dass von den Rändern einer ehemals großen Partei her die durchaus immer noch unterschiedlichen Strömungen der französischen Sozialisten mit de- ren (neo)liberalen und konservativen Umfeldern gemeinsam gegen autoritär-rechts mobilisiert werden konnten. Macrons immer noch irgendwie linke politische „Bewegung“könnte sich durchaus in einem „réarrangement des alliances“als Nachfolger der alten Sozialdemokratie erweisen. Nicht dass es mit der österreichischen Sozialdemokratie so weit wäre, doch tendenziell kann man als Nicht-SP-Mitglied, doch Historiker Ähnliches schon in Christian Kern selbst und in der von Rauscher wieder ins Spiel gebrachten Brigitte Ederer sehen.
GERHARD BOTZ (geb. 1941) ist emeritierter O. Univ.-Prof. für Zeitgeschichte und leitet das LBIHS, Wien.