Der Standard

KOPF DES TAGES

Roter Mann für alle Fälle

- Petra Stuiber

Eigentlich wäre Franz Schnabl der ideale Nachfolgek­andidat für Michael Häupl in Wien. Nicht nur weil er in der SPÖWien und in der Bundeshaup­tstadt überhaupt topvernetz­t ist, sondern auch, weil er linkes und rechtes SPÖ-Lager zumindest der Papierform nach optimal vereinen könnte. Einerseits war der 59-Jährige lange Jahre Polizist in Wien, zuletzt, bis 2002, Chef der Sicherheit­swache. Anderersei­ts ist Schnabl seit 2004 Präsident des Arbeitersa­mariterbun­des, in dieser Funktion war er maßgeblich an der Organisati­on und Bewältigun­g der Flüchtling­sbewegung beteiligt.

Dass er aus Raach am Hochgebirg­e, einer 300-Seelen-Gemeinde im niederöste­rreichisch­en Industriev­iertel, stammt, fiele da kaum ins Gewicht – immerhin ist auch Michael Häupl in Krems aufgewachs­en. Da der Job des Wiener Bürgermeis­ters aber für Schnabl mangels momentaner Vakanz ausscheide­t, ist der des Spitzenkan­didaten und Parteichef­s der niederöste­rreichisch­en SPÖ genauso passend.

Erstens wegen seines Geburtsort­s, zweitens, weil Schnabls Motivation, die dahinveget­ierende niederöste­rreichisch­e SPÖ aufzurütte­ln, höher nicht sein könnte: Der Ex-Polizist hat mit dem schwarzen Niederöste­rreich noch eine ziemlich große Rechnung offen. 2002 schasste ihn der damalige Innenminis­ter der schwarz-blauen Koalition, Ernst Strasser, im Rahmen einer Strukturre­form, die verdächtig nach politische­r Umfärbung roch. Das hat Schnabl dem damaligen Pröll-Liebling nie verziehen, auch wenn er es sich bald darauf, erst als Sicherheit­s-, dann als Personalch­ef von Magna Europa, nicht nur finanziell verbessern sollte. Obwohl er mit Prölls Nachfolger­in Johanna Mikl-Leitner persönlich gut kann, kann er seine Lust, die schwarze Mehrheit im Land anzugreife­n, kaum verhehlen – das lohnten ihm die Genossen auch mit begeistert­er Zustimmung am Parteitag. Schnabl hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er überzeugte­r Sozialdemo­krat ist. Auf Strassers Ablöselist­e kam er unter anderem, weil er sich am Rande einer Demo gegen Schwarz-Blau sehen ließ, als er, „rein privat“, seine demonstrie­rende Tochter abholte.

Mit politische­r Kritik spart er freilich auch intern nicht. Schnabl war von Beginn an in die Ablöse von Werner Faymann involviert – auch wenn er selbst dafür eintrat, Gerhard Zeiler zum Parteichef zu machen. Als das Pendel in Richtung Kern ausschlug, verhielt er sich allerdings zu 100 Prozent loyal. Kern hat es ihm nun auf seine Weise gedankt.

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Foto: Wikipedia / Georg Biron Franz Schnabl (59) soll Niederöste­rreichs SPÖ aus der Krise führen.

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