Der Standard

Mehrgleisi­g unterwegs

- Luise Ungerboeck

Wenn zwei Staatsbahn­en um die Wette fahren, ist das meist originell. Ab Winterfahr­plan will die bisher auf die Steiermark beschränkt­e Graz-Köflacher Bahn (GKB) mit Regiojet aus Tschechien Schnellzug­verkehr von Wien nach Prag anbieten, wie ihn ÖBB und tschechisc­he Staatsbahn ČD bereits erfolgreic­h fahren.

Was dieser Wettbewerb auf Kosten des Steuerzahl­ers soll? Die Antwort fällt differenzi­ert aus, wenngleich der Eigentümer beider Bahnen, das Verkehrsmi­nisterium, planlos erscheinen mag. Schließlic­h buttert die Republik Jahr für Jahr Milliarden in Personenve­rkehr und Bahnausbau.

Wenn GKB und Regiojet der ÖBB-Allianz in die Parade fahren, mindert dies zweifellos das Ergebnis der ÖBB. Verwehrte das Ministeriu­m der GKB diese Wachstumsc­hance aber, nur um die ÖBB zu schützen, wäre das gleicherma­ßen übel. Denn die im Güterverke­hr erfolgreic­he einstige Erz- und Kohlebahn wäre auf Verlustbri­nger programmie­rt.

Charme hätte der dritte Weg: Der Staat betraut Kleinbahne­n wie GKB oder Raaberbahn mit staatlich finanziert­en Pendlerzüg­en, denn sie haben bessere Kostenstru­kturen, fahren mehr Züge um weniger Geld. Die ÖBB könnte – nach Vorbild der Schweizer SBB – die großen Achsen bedienen.

Aber solch eine Weichenste­llung würde eine Strategie voraussetz­en – und die gibt es nicht. Verkehrspo­litik besteht für die Bundesmini­ster seit jeher nur aus Bahnbau und der Alimentier­ung des intranspar­enten Molochs ÖBB.

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