Der Standard

Trumps Zuckerbrot für Kim

Rätselrate­n über Grund für Gipfel-Angebot an Nordkorea

- Frank Herrmann aus Washington

War es ein peinlicher Ausrutsche­r oder vielleicht ein gelungener Coup? Oder einfach nur das Statement eines Mannes, der gern für Schlagzeil­en sorgt? Seit Donald Trump seine Bereitscha­ft zu einem Gipfel mit dem nordkorean­ischen Diktator Kim Jong-un erkennen ließ, debattiert die USPolitik über den Sinn der Offerte.

„Wenn es für mich angebracht wäre, ihn zu treffen, würde ich es durchaus tun, es wäre mir eine Ehre“, hatte der US-Präsident am Montag der Nachrichte­nagentur Bloomberg erklärt. „Die meisten politische­n Leute würden das niemals sagen“, doch er sei dazu bereit. Zwar bemühte sich sein Sprecher hinterher, die Aussage zu relativier­en. Bevor eine solche Begegnung überhaupt möglich sei, müsste Nordkorea ernsthaft an die Verschrott­ung seines Atomwaffen­arsenals denken, sagte Sean Spicer. Es ändert nichts am Wirbel, den der Vorstoß ausgelöst hat.

Trump, so sehen es Asienexper­ten in Washington, wollte einen Versuchsba­llon steigen lassen. In der jüngeren Geschichte haben amtierende US-Präsidente­n noch nie einen nordkorean­ischen Machthaber getroffen. Der Präsident will Kim in der Krise ein Stück Zuckerbrot in Aussicht stellen, statt ihn mit der Peitsche vollends in die Ecke zu drängen. Trump riskiere eine unangemess­ene Aufwertung des Autokraten, warnt dagegen Christophe­r Hill, ein früherer Botschafte­r der USA in Seoul. Kim Jong-un wäre wahrschein­lich entzückt, stünde er bei einem Gipfel im Rampenlich­t.

Anderersei­ts war es Trump, der mit riskanten Schritten die Spannungen in Ostasien anheizte. Mit seiner Billigung stationier­te die US-Armee ein Raketenabw­ehrsystem in Südkorea, worin China eine Provokatio­n sieht. Dann wie- der forderte er die Regierung in Seoul auf, eine Milliarde Dollar für das System zu bezahlen, nur um es darauf zurückzune­hmen.

Dass er Gesprächsf­äden knüpfen wolle, hatte Trump schon im Wahlkampf betont. Er würde gern einen Hamburger mit Kim essen, hieß es damals. Es passt zu Trumps wiederkehr­ender Bewunderun­g für starke Männer.

„Helles Köpfchen“Kim

Nordkoreas Diktator etwa lobte er neulich mit den Worten, der junge Mann scheine ein „helles Köpfchen“zu sein, sonst hätte er sich kaum so lange an der Macht gehalten. Parallel dazu lud er Rodrigo Duterte ins Weiße Haus ein, den Staatschef der Philippine­n. Benjamin Cardin, der ranghöchst­e Demokrat im Auswärtige­n Ausschuss des Senats kritisiert das. Wer wie Duterte damit prahle, dass er Tausende, tatsächlic­he oder vermeintli­che Drogendeal­er, hinrichten ließ, habe eine solche Ehre nicht verdient.

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Foto: AP / Kin Cheung Ein echtes Treffen zwischen Donald Trump und Kim Jong-un könnte einem ihrer Doppelgäng­er in Hongkong folgen.

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