Mit Luftballons und gegen den Parteichef
Die roten Studierendenvertreter halten Zugangsregeln weiterhin für die falsche Lösung
Wien – Luftballons in Orange, Lila, Rot, Blau, Grün und Gelb stecken an einer Pinnwand. Darüber steht auf weißen Zetteln in schwarzer Schrift, was aus Sicht der roten Studierendenvertreter das UniLeben schwer macht. Zum Beispiel: „Seit 1999 Studienbeihilfe nicht an Inflation angepasst.“Ebenfalls vertreten sind hohe Mieten, Armutsgefährdung, Zugangsbeschränkungen, Aufnahmeprüfungen, Studiengebühren.
Studierende, die vor dem Juridicum in Wien an der Pinnwand vorbeikommen, sollen die Luftballone mit Dartpfeilen zum Platzen bringen. „Die Themen sind komplex, und so kommen wir ins Gespräch“, erklärt Hanna Lutz (22), Spitzenkandidatin des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ).
Linke Koalition als Ziel
Die roten Studierendenvertreter wollen bei der ÖH-Wahl von 16. bis 18. Mai wieder dazugewinnen. Bei der Wahl 2015 hatten sie zwei Prozentpunkte verloren und waren mit 15 Prozent an dritter Stelle hinter den Grünen Alternativen StudentInnen (Gras) gelandet. Als Ziel nennt Lutz außerdem, wieder Teil einer Koalition für die Exekutive zu sein. Am liebsten gemeinsam mit der Gras und den parteiunabhängigen Fachschaftslisten. Verhandlungen kann sich Lutz mit allen Fraktionen außer dem Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) vorstellen.
Der VSStÖ ist einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker von SPÖ-Chef Christian Kern. „Es gibt eine Gesprächsbasis, aber wir sind uns nicht einig“, sagt Lutz. Nicht zuletzt aufgrund der Position Kerns für die Einführung einer Studienplatzfinanzierung, die auch Zugangsbeschränkungen bringen würde. „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagt Lutz. „Die Partei besteht nicht nur aus der Spitze.“Innerhalb der Partei sei nicht beschlossen worden, die Linie für einen freien Hochschulzugang aufzugeben. „Ein interner Diskurs ist nötig.“Ob es zu einer parteiinternen Abstimmung unter den Mitgliedern kommen soll, lässt Lutz offen: „Bei uns gibt es keine BlankoErmächtigung für den Parteivorsitzenden.“
Die Jusstudentin ist sich sicher, dass Zugangsbeschränkungen der falsche Weg sind. „Sie schrecken Studierende ab, vor allem solche, die keine Unterstützung zu Hause haben.“Aufnahmeverfahren würden viele vor eine große Herausforderung stellen. „Ich habe zum Beispiel in der Schule nie gelernt, wie man ein Bewerbungsschreiben verfasst.“Zudem würden Zugangsregeln nichts am Hauptpro- blem der überfüllten Massenstudien ändern. Derzeit seien Maturanten zu wenig informiert und würden „ins Blaue hinein“entscheiden, was sie studieren. „Eine bessere Orientierung ist nötig.“Gelingen soll das etwa mit Videos von Vorlesungen, die von den Unis ins Netz gestellt werden sollen. „Nicht jeder kann aus seinem Bundesland an die Uni fahren und sich das selbst anschauen.“Ein besseres Orientierungsangebot könnten die Unis gemeinsam mit ÖH und Wissenschaftsministerium anbieten, schlägt Lutz vor. „Die ÖH kann das nicht alleine stemmen.“Der erste Schritt in der Hochschulpolitik müssten zudem mehr Professoren statt weniger Studierende sein.
An diesem Tag kommen kaum Interessierte zum Stand des VSStÖ. Das dürfte vor allem an Wind und Regen liegen. Die Luftballone bringen die Funktionäre für die Kamera selbst zum Platzen. pVideo mit Hanna Lutz zu Noten für
die ÖH derStandard.at/Bildung