Sowjet- Schick und verhärtete Fronten
ÖVP-Kampagne gegen Kern –Koalitionsarbeit gestaltet sich weiter schwierig
Wien – Wahlkampf oder nicht Wahlkampf. Diese Frage warfen die beiden Regierungsparteien auch am Dienstag wieder auf – auch wenn davon offiziell weiter keine Rede ist. Aktueller Anlass: Die ÖVP legte eine 58-seitige Broschüre vor, mit der sie SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern frontal angreift. In dem „Manifest“wird Kern als Marxist im Sowjet-Stil mit Hammer und Sichel dargestellt.
Inhaltlich wird Länge mal Breite vor RotGrün-Neos gewarnt, jener Koalitionsform, die SP-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler als bevorzugte bezeichnet. Zu lesen ist von zehn angeblichen Verboten, unter denen das Volk unter RotGrün-Pink zu leiden hätte. Etwa: „Du darfst keine Leistung zulassen.“Oder: „Du darfst von Zuwanderern nichts einfordern.“
Für ÖVP-Generalsekretär Werner Amon handelt es sich dabei um eine „Informationsbroschüre für unsere Funktionäre“, wie er auf Ö1 erklärte. Die ÖVP sei auch nicht im Wahlkampf, vielmehr habe man auf die Wahlkampfaktivitäten Kerns reagiert. Dieser hatte zuletzt eine Mittelstandskampagne gestartet und rückte dafür sogar selbst als Pizza- bote aus – der STANDARD berichtete. Am Dienstag reagierte Kern mit Humor auf die ÖVP-Aktion. Er änderte sein Facebook-Profilbild auf das „Manifest“-Porträtbild.
Auf der inhaltlichen Ebene gestaltete sich die Koalitionsarbeit weiter schwierig. Seit Wochen stehen Einigungen bei den Themen kalte Progression, der Aktion 20.000 für über 50-jährige Arbeitslose und anderen im upgedateten Regierungsprogramm für März oder April angekündigten Maßnahmen aus. Beschlüsse dazu im Ministerrat heute, Mittwoch, galten am Dienstagabend als eher unwahrscheinlich.
Geeinigt hat man sich dem Vernehmen nach aber auf den Beschäftigungsbonus. Dabei bekommen Betriebe, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, 50 Prozent der Lohnnebenkosten ersetzt. Ebenso außer Streit steht das Strafrechtspaket.
Für Irritation sorgte hingegen, wie berichtet, dass Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner einen Gesetzesentwurf zur Hilfe von Kleinunternehmern ohne Abstimmung mit der ÖVP in Begutachtung geschickt hatte. Dabei geht es um die Entgeltfortzahlung für erkrankte Mitarbeiter und die Unterstützung für Unternehmer, die selbst für längere Zeit erkranken. Den Großteil der Mehrkosten müsste die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVA) zahlen. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ist aber gegen eine Auflösung von SVARücklagen. Er warnte vor hohen Verlusten in der SVA-Bilanz. (go)
Strafrechtspaket S. 8 Geldwäsche, Forschungsprämie S. 18
Kommentar S. 32