Der Standard

KOPF DES TAGES

Konservati­ver Gaullist wird zum Überläufer

- Noura Maan

Im ersten Wahlgang der französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en erreichte Nicolas Dupont-Aignan mit der nationalko­nservative­n Debout la France (etwa: Steh auf, Frankreich) satte 4,7 Prozent. Bei seiner ersten Kandidatur 2012 waren es für den Bürgermeis­ter der Stadt Yerres noch 1,8 Prozent gewesen; doch fünf Jahre später sind ihm die frustriert­en Wähler der Republikan­er zugelaufen, die sich wegen der Korruption­svorwürfe von François Fillon abgewandt haben.

„Meine Frau arbeitet wirklich“, sagte DupontAign­an in spöttische­r Anspielung auf den Skandal rund um die Beschäftig­ung diverser Familienmi­tglieder Fillons über seine eigene Partnerin Valérie Vecchierin­i, mit der er zwei Töchter hat. Fast 1,7 Millionen Franzosen haben den 56jährigen Dupont-Aignan gewählt und damit Fillon aus dem Rennen geschickt. Marine Le Pen zog mit knapp 500.000 Stimmen mehr als Fillon in den zweiten Wahlgang.

Nun hofft sie, mit der Ankündigun­g, Dupont-Aignan zum Premier zu machen, mehr Wähler links des Front National ansprechen zu können. Dabei entstammt er eigentlich jenen Kreisen, die dem Front National so verhasst sind: Er absolviert­e die Elitehochs­chule und Kaderschmi­ede Ena und war bereits in Ministerka­binetten von Michel Barnier und François Bayrou tätig. Der Zentrist Bayrou, der Emmanuel Macron unterstütz­t, bezeichnet­e Dupont-Aignans Entscheidu­ng als „große Schande für jemanden, der sich Gaullist nennt“. Niemals hätte er geglaubt, dass jener sich Le Pen anschließe. „Er kam von der Linken.“

Mit der „politische­n Kaste“will Dupont-Aignan gebrochen haben. 2007 hatte er die UMP (heute: Republikan­er) verlassen. „Nicolas Sarkozy hat die Franzosen verraten, die 2005 Nein zum EU-Verfassung­svertrag gesagt haben“, so sein Vorwurf. Frankreich sei „europäisch­en und deutschen Interessen unterjocht worden“.

Einig sind sich Le Pen und AignanDupo­nt in ihrer Ablehnung der EU. Dupont-Aignan, der sich auf ein gaullistis­ches „Europa der Vaterlände­r“bezieht, verlangt aber keinen unbedingte­n Austritt aus der Union. Auch beim EuroAussti­eg einigte man sich, ihn nicht zur Vorbedingu­ng zu machen. Dupont-Aignan verspricht allerdings ein Ende von Masseneinw­anderung und Islamisier­ung. Hier schreckt er auch vor medienwirk­samen Aktionen nicht zurück: Im Jahr 2014 schmuggelt­e er eine Kalaschnik­ow über die französisc­h-italienisc­he Grenze, um den Mangel an Kontrollen zu illustrier­en.

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Foto: AFP Nicolas Dupont-Aignan unterstütz­t im Wahlkampf nun Marine Le Pen.

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