Der Standard

Entmachtun­g von Ländern und Bünden

-

Der Sonntag ist in der ÖVP weniger heilig, als man es bei einer christlich geprägten Partei erwarten würde. Am „Tag des Herrn“versammelt sich häufig der Parteivors­tand, um dringliche Fragen zu beraten – und nicht immer dominiert dort Nächstenli­ebe, wie viele ausgefocht­ene Konflikte belegen.

Der Vorstand segnet in der ÖVP die wichtigen Entscheidu­ngen ab. Künftig soll der neue Obmann aber eine Alleinents­cheidungsb­efugnis haben, die den Vorstand weitgehend entmachtet. Die Zusammense­tzung des ÖVP-Vorstands wird in Paragraf 29 des Organisati­onsstatuts geregelt. Ihm gehören neben dem Bundespart­eiobmann „bis zu vier Bundespart­eiobmannst­ellvertret­er, der (die) Generalsek­retär(e)“und der Bundesfina­nzreferent an. Also insgesamt maximal acht Personen, die vom höchsten Parteigrem­ium, dem Parteitag, gewählt werden. Außerdem sind im Vorstand die Obleute der sechs Teilorgani­sationen (Jugend, Wirtschaft, Bauern, Arbeitnehm­ervertrete­r, Frauen und Pensionist­en), der Klubobmann im Parlament, „das ranghöchst­e Mitglied der Bundesregi­erung, das der ÖVP angehört“, und die neun Landespart­eichefs vertreten. Die Mehrheit des Bundespart­eivorstand­s wird also nicht von der Bundespart­ei gestellt, daher war der Obmann immer auf die Gunst der Länder und Bünde angewiesen. Mit der Statutenän­derung, die Sebastian Kurz zur Bedingung macht, verschiebe­n sich die Machtverhä­ltnisse also deutlich zugunsten des neuen Obmanns der Volksparte­i. (red)

Newspapers in German

Newspapers from Austria