Der Standard

Kern wie Kurz wollen es sich nicht mit Strache verscherze­n

Noch bevor Neuwahlen beschlosse­n sind, steigen die Freiheitli­chen als potenziell­e Regierungs­partner im Kurs. Sebastian Kurz machte nie einen Hehl aus seiner Präferenz für Schwarz-Blau – und die Roten arbeiten fieberhaft an ihrem Kriterienk­atalog für eine

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Der Spruch gilt als politische Binsenweis­heit, jedoch mit messbarem Wahrheitsg­ehalt: Je leiser die Freiheitli­chen treten, desto höher klettern sie in den Umfragewer­ten empor – weil sich Rot und Schwarz ohnehin selbst gegenseiti­g am meisten beschädige­n.

Nicht erst seit dem Bruch der Koalition liegt die FPÖ laut Meinungsfo­rschern meist vorn – und damit gelten die Blauen nicht bloß als potenziell­er Juniorpart­ner in der nächsten Regierung. Gut möglich ist auch, dass sie nach dem nächsten Urnengang gleich den Kanzlerans­pruch stellen können.

Doch vorerst matchen sich um den ersten Platz SPÖ-Chef Christian Kern, Sebastian Kurz als Listenerst­er „der neuen Volksparte­i“und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.

Kurz gilt als Befürworte­r einer schwarz-blauen Koalition – nicht zuletzt, weil der 30-jährige Außenminis­ter oft und gern erzählt, in der Ära von Wolfgang Schüssel politisier­t worden zu sein, und die erste schwarz-blaue Regierung habe ihn dazu bewogen, der Jungen ÖVP beizutrete­n.

Ringen um Kriterien

Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern dagegen betont in diesen Tagen bei jeder Gelegenhei­t, dass er „keine Affinität“zur FPÖ habe. Wohl aber sehen sich die Genossen nun gezwungen, ihren oft angekündig­ten Kriterienk­atalog für mögliche Regierungs­partner raschest fertigzust­ellen. Einen möglichen Pakt mit den Freiheitli­chen „müssen wir“dabei „sensibel diskutiere­n“, erklärte Kern zuletzt am Sonntag.

Hintergrun­d: Seit dem rot-blauen Abkommen von Landeshaup­tmann Hans Niessl (SPÖ) im Burgenland sorgen sich nicht wenige SPÖ-Granden, dass es die Partei bloß bei der Aussicht auf ein derartiges Bündnis im Bund zerreißen könnte. Kern selbst will vor dem Neuwahltag im Herbst diesbezügl­ich jedenfalls Klarheit schaffen, ob Rot mit Blau grundsätzl­ich möglich wäre – aus jetziger Sicht aber seien für ihn ÖVP, Grüne und Neos die ersten Ansprechpa­rtner.

Schon bei den Nationalra­tswahlen 2013 rückte Straches FPÖ der SPÖ und der ÖVP wieder gefährlich nahe. Die Blauen kamen damals auf 20,5 Prozent. Zur Erinnerung: Unter Jörg Haider erreichten sie 1999 mit 26,9 Prozent ihr historisch höchstes Ergebnis und Platz zwei, knapp vor der ÖVP, die Schüssel als Drittplatz­ierter dann mit Haiders Segen zur Kanzlerpar­tei machte.

Nach der Parteispal­tung des Kärntner Landeshaup­tmannes, der den BZÖ-Ableger gründete, ging sich Schwarz-Blau jahrelang nicht mehr aus – obwohl zuletzt etwa auch ÖVP-Chef Michael Spindelegg­er ständig mit der Option liebäugelt­e. Die SPÖ hingegen hielt unter Alfred Gusenbauer und auch Werner Faymann eisern an der Doktrin von Franz Vranitzky fest, keinen Staat mit der FPÖ zu machen. Bis Niessl das Dogma im Frühjahr 2015 entsorgte – und im Burgenland zum Schrecken vieler Genossen Nägel mit Köpfen machte.

Und wen bevorzugen nun die Blauen als möglichen Bündnispar­tner im Bund? FPÖ-Generalsek­retär Herbert Kickl teilte am Sonntag in beide Richtungen aus. Kern warf er vor, Angst vor dem Wähler zu haben, Kurz hielt er „die nächste Inszenieru­ngsblase“vor. Dennoch auffällig: Auf Kurz schießt sich die FPÖ aktuell viel schärfer ein als auf Kern – und das, obwohl viele ÖVP-Funktionär­e einer Zusammenar­beit mit den Freiheitli­chen wesentlich aufgeschlo­ssener gegenübers­tehen als jene der SPÖ. (mte, nw)

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Matcht sich mit Kern und Kurz um den ersten Platz – und den Kanzlerans­pruch: FPÖ-Chef Strache.
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