Der Standard

„Das ist ein missionari­scher Kampf!“

Albanien sei zu einer „Cannabispl­antage“geworden, kritisiert der Chef der Demokratis­chen Partei, Die Wahlen würden durch das Drogengeld beeinfluss­t werden, argumentie­rt er den Boykott.

- Adelheid Wölfl

INTERVIEW:

Standard: Gibt es noch eine Chance, dass Ihre Demokratis­che Partei (DP) an den Wahlen teilnimmt? Basha: Wir wollten immer an Wahlen teilnehmen, aber nicht an solchen, deren Resultate schon vorherbest­immt wurden: durch Verbrechen und Drogen. Unsere Vorstellun­g ist, dass es zuvor nur technische Minister gibt, die vor allem den Einfluss von Drogengeld auf die Wahlen bekämpfen und eine Wahlreform durchführe­n. Wir wollen, dass die Wahlen elektronis­ch durchgefüh­rt und elektronis­ch gezählt werden.

Standard: Worum geht es Ihnen? Basha: Die Verbindung zwischen Kriminalit­ät und Politik ist in Albanien eine besondere. Im Parlament, in den Bürgermeis­tersesseln und in der Leitung von öffentlich­en Institutio­nen sitzen Leute, die überhaupt nie in der Politik waren. Was sie vereint ist, dass sie alle wegen Drogenhand­el, Frauenhand­el, Prostituti­on, Waffenhand­el und Morden in europäisch­en Gefängniss­en saßen. 95 Prozent der Leute mit kriminelle­m Background, die im Parlament sitzen, und 70 Prozent von jenen, die in den Bürgermeis­terämtern sitzen, sind Katholiken aus dem Norden von Albanien. Die Katholiken im Norden waren immer unsere Hochburg. Also hat Herr Rama (Premiermin­ister Edi Rama, Anm.) den Abschaum des Abschaums im Norden rekrutiert, um in unsere Hochburg einzubrech­en. Und 2016 wurde das gesamte Land zu einer Cannabispl­antage gemacht.

Standard: Das ist doch ein gutes Wahlkampft­hema für die Opposition. Warum wollen Sie nicht an den Wahlen teilnehmen? Basha: Das ist nicht wahr, wir wollen teilnehmen.

Standard: Aber Ihre Partei wird am 18. Juni nicht antreten. Basha: Ja, weil es den Albanern wegen der Kriminalit­ät und der Drogenboss­e nicht erlaubt ist, frei zu wählen. Lehrer, Soldaten und Polizisten müssen bei Wahlverans­taltungen teilnehmen und müssen private Details offenbaren.

Standard: Wie kann man nun eine Eskalation verhindern? Basha: Wir kämpfen um eine freie Wahl. Das ist keine politische Kalkulatio­n mehr, das ist ein missionari­scher Kampf!

Standard: Aber Politik ist doch keine Mission. Sie waren ein pragmatisc­her Politiker, ich erinnere mich, als Sie Bürgermeis­ter von Tirana wurden. Basha: Das war ich als Bürgermeis­ter, als Opposition­sführer muss ich die Freiheit in meinem Land verteidige­n, die erst 27 Jahre alt ist.

Standard: Die EU und die USA haben kein Verständni­s für Ihre Position. Wie wollen Sie Unterstütz­ung in Europa finden? Basha: Es ist wichtig, was sie sagen, aber am wichtigste­n ist, was die Albaner sagen. Denn die Albaner essen nicht in Washington, Brüssel, Berlin oder Wien. Sie essen hier in Albanien.

LULZIM BASHA (42) bekleidete zahlreiche Ministerpo­sten und war von 2011 bis 2013 Bürgermeis­ter von Tirana. Der Jurist ist verheirate­t und hat zwei Töchter.

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Foto: Reuters/Goga Basha führt seit 2013 die Demokratis­che Partei.
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