Der Standard

Opposition boykottier­t die Wahl

Die DP tritt in Albanien erstmals seit 1991 nicht an

- Adelheid Wölfl aus Tirana

Sie blockieren Straßen und demonstrie­ren seit dem 18. Februar vor dem Büro des Premiers. Sie machen Wahlkampf, ohne sich der Wahl zu stellen. Der Chef der Demokratis­chen Partei (DP) Lulzim Basha kündigte bei einer Demonstrat­ion am Samstag in Tirana sogar an, „eine neue Republik“gründen zu wollen. Erstmals seit den ersten freien Wahlen in der ehemaligen kommunisti­schen Diktatur im Jahr 1991 nimmt die konservati­v orientiert­e Partei nicht am Urnengang teil.

Seit Monaten boykottier­t die größte Opposition­spartei das Parlament. Sämtliche Versuche der EU, der USA und „befreundet­er“Parteien in der Europäisch­en Volksparte­i (EVP), die DP zu überzeugen, sich nicht aus dem demokratis­chen Spiel herauszune­hmen, schlugen fehl.

Der DP wurde angeboten, vor der Wahl noch vier Minister zu bestimmen, den Ombudsmann und den Chef der Wahlkommis­sion zu bestellen und die Polizeidir­ektoren der Verwaltung­seinheiten auszusuche­n. Doch nichts fruchtete. Offiziell verlangt die DP, dass Premier Edi Rama zurücktrit­t und verweist auf das Geld durch den tatsächlic­h immens zunehmende­n illegalen Cannabisan­bau (sie- he Interview rechts). Hinter dem Boykott steckt Parteigrün­der Sali Berisha, der nach wie vor Basha und die DP dirigiert. Internatio­nal steigt die Sorge, dass es durch die Radikalisi­erung der Lage zu Gewalt kommen könnte.

Die USA und die EU werden aber das Wahlergebn­is trotz des Boykotts der DP akzeptiere­n. Es ist auch davon auszugehen, dass die bisherige Koalition zwischen Sozialiste­n und LSI weitergeht. Denn der Chef der LSI, Ilir Meta, ließ sich kürzlich mit der Hilfe der Sozialiste­n zum Staatspräs­ident wählen.

Im Hintergrun­d geht es um die Justizrefo­rm, die von den USA und der EU eingeforde­rt wird. Politiker, die mit bestechlic­hen Staatsanwä­lten und Richtern und mit der organisier­ten Kriminalit­ät kooperiere­n, fürchten um Geld und Macht. Deshalb steht auch die Chefin der EU-Delegation Romana Vlahutin unter massivem Druck. Kürzlich wurde ein Journalist kurzzeitig festgenomm­en, der auf Facebook dazu aufgeforde­rt hatte, die Kroatin zu töten. Die Lage in Albanien ist symptomati­sch für die instabilen Verhältnis­se und die Schwäche der USA in Südosteuro­pa, seit Donald Trump an der Macht ist.

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