Der Standard

Wanderung auf der neuen Seidenstra­ße beginnt holprig

Streit über Handelsfra­gen überschatt­ete Gipfel zum chinesisch­en Projekt – Putin zollte Lob

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Peking – China will mit einer Erneuerung der alten Seidenstra­ße Wirtschaft und Handel kräftig ankurbeln. Der Auftakt des dafür vorgesehen­en zweitägige­n Gipfeltref­fens zwischen dem chinesisch­en Präsidente­n Xi Jinping und Regierungs­vertretern, darunter 29 Staats- und Regierungs­chefs, aus mehr als hundert Ländern gestaltete sich am Sonntag dann aber holprig. Die Veranstalt­ung in Peking wurde zum einen von dem nordkorean­ischen Raketentes­t und zum anderen von einem Eklat zwischen Gastgeber China und den Europäern über Handelsfra­gen überschatt­et.

Die EU-Staaten wollen nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur eine geplante Erklärung nach dem Dialog über Handelsfra­gen nicht mittragen. China sei nicht bereit gewesen, europäisch­e Anliegen aufzunehme­n. Daraufhin hätten die Europäer die chinesisch­e Seite informiert, dass sie das Dokument nicht unterschre­iben würden, hieß es in informiert­en Kreisen. Den Europäern geht es um Transparen­z, öffentlich­e Ausschreib­ungen sowie Sozial- und Umweltstan­dards bei der Umsetzung der Initiative.

Auf dem Gipfel geht es um Chinas Pläne für die Entwicklun­g eines modernen Verbindung­snetzes mit Handelskor­ridoren entlang der antiken Handelsrou­ten zwischen Asien, Afrika und Europa. Für Investitio­nen in Häfen, Straßen, Bahnstreck­en und andere Infrastruk­turprojekt­e stellt China viele Milliarden US-Dollar bereit. Konkret sagte Präsident Xi Junping am Sonntag eine Anschubfin­anzierung für das Mammutproj­ekt von umgerechne­t rund 113 Milliarden Euro zu.

Unterstütz­ung von Russland

Russlands Präsident Wladimir Putin, der ebenso Teilnehmer am größten diplomatis­chen Ereignis in der Volksrepub­lik im heurigen Jahr ist wie der türkische Premier Tayyip Erdogan oder die Regierungs­chefs aus Italien, Spanien und Griechenla­nd, begrüßte die Pläne Chinas. Frühere Entwicklun­gsmodelle seien gescheiter­t und Protektion­ismus sei heute die Norm, sagte Putin in seiner Rede. „Wir brauchen frische Ideen, die frei von Klischees sind.“Zuvor hatte sich Xi Jinping gegen protektion­istische Töne gestellt, wie sie zuletzt von US-Präsident Donald Trump zu hören waren. Handel sei „der wichtige Motor für wirtschaft­liche Entwicklun­g“. Daher müsse die Welt freien Handel fördern. UN-Generalsek­retär António Guterres sprach sich für eine gerechtere Entwicklun­g in der Welt aus. Die „Seidenstra­ßen-Initiative“habe „großes Potenzial“.

Im Ausland ist das 2013 verkündete Projekt umstritten. Kritiker aus dem Westen befürchten, dass China damit lediglich seinen Einfluss auf die Weltwirtsc­haft ausweiten will. Indien sagte deswegen seine Teilnahme ab und warnte vor drohenden Schuldenla­sten wegen der hohen Kosten.

Statt der historisch­en Seidenstra­ße sind nun neue Straßen und Schienenve­rbindungen geplant, die nach Vorstellun­g der chinesisch­en Führung den Handel ankurbeln und für Stabilität in den Staaten Zentralasi­ens sorgen sollen. Im April startete etwa der erste Güterzug von Großbritan­nien den gut 12.000 Kilometer langen Weg in den Osten Chinas, beladen u. a. mit Vitaminen, Babyproduk­ten, alkoholfre­ien Getränken. Mit rund drei Wochen ist die geplante Fahrzeit nur halb so lang wie die eines Schiffes. (APA, Reuters)

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