Ärger über Geldwäschebestimmungen
RAK-Wien-Chef Enzinger kritisiert Strafhöhen und Rechercheverpflichtungen
Wien – Die neuen Anti-Geldwäsche-Bestimmungen für Rechtsanwälte sorgen in der Branche immer noch für Aufregung. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien ( RAK Wien), Michael Enzinger, kritisiert im Standard- Gespräch verschiedene Aspekte der neuen Regelungen, die vor kurzem in die Rechtsanwaltsordnung (RAO) aufgenommen wurden.
So sei das Strafmaß von bis zu einer Million Euro für Disziplinarstrafen viel zu hoch, auch wenn es laut EU-Vorgaben nur „bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen“gelte, sagt Enzinger. „Ich bin überzeugt, dass dies verfassungsrechtlich nicht gesichert ist.“Für eine Anfechtung, die zu einer Prüfung eines Höchstgerichts führen könnte, müsse es allerdings erst einen konkreten Strafbescheid geben. Bis dahin herrsche rechtliche Unsicherheit.
Auch die Anforderungen, bei „politically exposed persons“ (POPs) die Herkunft von Geldern genau zu recherchieren, seien zu streng. So sei es nicht möglich, solche Recherchen selbst etwa in Ostasien anzustellen, und weder die Republik noch die EU-Kommission könne Informationen zur Verfügung stellen. Anwälte müssten diese um viel Geld bei den wenigen Datenanbietern wie etwa Thompson Reuters kaufen.
Problematische Klauseln
Hier ist der Gesetzgeber zwar den Anwälten entgegengekommen, indem ihnen erlaubt wird, sich auf bereits durchgeführte Prüfungen von POPs im Bankwesen zu verlassen. Der Haken daran laut Enzinger: „Das scheitert daran, dass in den Vereinbarungen der Anbieter mit ihren Kunden meist Klauseln enthalten sind, dass man die Daten nicht an Dritte weitergeben darf. Man muss daher noch einmal bezahlen, um der Sorgfaltspflicht zu entsprechen.“Hier sei der Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) in Verhandlungen mit den Anbietern.
Ganz grundsätzlich ärgert sich Enzinger darüber, dass die Anwälte durch die neuen Geldwäschebestimmungen „zu Handlangern der Polizei und der Steuerbehörden gemacht werden, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Dadurch wird ein ,core value‘ der Anwaltschaft, die Verschwiegenheitspflicht, durchbrochen. Dieser Sündenfall ist schon längst geschehen, wird aber immer weiter fortgeschrieben.“
Das Problem übermäßig hoher Verwaltungsstrafen betreffe viele Bereiche und werde durch das Kumulationsprinzip, das die Regierung eigentlich reformieren wollte, massiv verschärft. Enzinger: „Das Prinzip, dass die Strafe mit dem Schaden steigt, gibt es auch im Strafrecht, aber irgendwann ist dort Schluss. Das ist beim Kumulationsprinzip nicht der Fall.“Und nach der Menschenrechtskonvention könnten Strafen ab einer gewissen Höhe nur von Tribunalen verhängt werden. „Magistratische Bezirksämter sind garantiert keine Tribunale“, sagt Enzinger.