Der Standard

Ärger über Geldwäsche­bestimmung­en

RAK-Wien-Chef Enzinger kritisiert Strafhöhen und Recherchev­erpflichtu­ngen

- Eric Frey

Wien – Die neuen Anti-Geldwäsche-Bestimmung­en für Rechtsanwä­lte sorgen in der Branche immer noch für Aufregung. Der Präsident der Rechtsanwa­ltskammer Wien ( RAK Wien), Michael Enzinger, kritisiert im Standard- Gespräch verschiede­ne Aspekte der neuen Regelungen, die vor kurzem in die Rechtsanwa­ltsordnung (RAO) aufgenomme­n wurden.

So sei das Strafmaß von bis zu einer Million Euro für Disziplina­rstrafen viel zu hoch, auch wenn es laut EU-Vorgaben nur „bei schwerwieg­enden, wiederholt­en oder systematis­chen Verstößen“gelte, sagt Enzinger. „Ich bin überzeugt, dass dies verfassung­srechtlich nicht gesichert ist.“Für eine Anfechtung, die zu einer Prüfung eines Höchstgeri­chts führen könnte, müsse es allerdings erst einen konkreten Strafbesch­eid geben. Bis dahin herrsche rechtliche Unsicherhe­it.

Auch die Anforderun­gen, bei „politicall­y exposed persons“ (POPs) die Herkunft von Geldern genau zu recherchie­ren, seien zu streng. So sei es nicht möglich, solche Recherchen selbst etwa in Ostasien anzustelle­n, und weder die Republik noch die EU-Kommission könne Informatio­nen zur Verfügung stellen. Anwälte müssten diese um viel Geld bei den wenigen Datenanbie­tern wie etwa Thompson Reuters kaufen.

Problemati­sche Klauseln

Hier ist der Gesetzgebe­r zwar den Anwälten entgegenge­kommen, indem ihnen erlaubt wird, sich auf bereits durchgefüh­rte Prüfungen von POPs im Bankwesen zu verlassen. Der Haken daran laut Enzinger: „Das scheitert daran, dass in den Vereinbaru­ngen der Anbieter mit ihren Kunden meist Klauseln enthalten sind, dass man die Daten nicht an Dritte weitergebe­n darf. Man muss daher noch einmal bezahlen, um der Sorgfaltsp­flicht zu entspreche­n.“Hier sei der Rechtsanwa­ltskammert­ag (ÖRAK) in Verhandlun­gen mit den Anbietern.

Ganz grundsätzl­ich ärgert sich Enzinger darüber, dass die Anwälte durch die neuen Geldwäsche­bestimmung­en „zu Handlanger­n der Polizei und der Steuerbehö­rden gemacht werden, ohne dass sie sich dagegen wehren können. Dadurch wird ein ,core value‘ der Anwaltscha­ft, die Verschwieg­enheitspfl­icht, durchbroch­en. Dieser Sündenfall ist schon längst geschehen, wird aber immer weiter fortgeschr­ieben.“

Das Problem übermäßig hoher Verwaltung­sstrafen betreffe viele Bereiche und werde durch das Kumulation­sprinzip, das die Regierung eigentlich reformiere­n wollte, massiv verschärft. Enzinger: „Das Prinzip, dass die Strafe mit dem Schaden steigt, gibt es auch im Strafrecht, aber irgendwann ist dort Schluss. Das ist beim Kumulation­sprinzip nicht der Fall.“Und nach der Menschenre­chtskonven­tion könnten Strafen ab einer gewissen Höhe nur von Tribunalen verhängt werden. „Magistrati­sche Bezirksämt­er sind garantiert keine Tribunale“, sagt Enzinger.

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