Der Standard

Der nackte Hintern

- Colette M. Schmidt

Wer diese Woche mit Sätzen wie „Griechenla­nd ist heuer wirklich interessan­t“oder „Schau dir unbedingt Kanada an“auf der Kunstbienn­ale in Venedig verbracht hat, landete abends unsanft auf der Couch, wo ein anderer internatio­naler Wettbewerb in ORF eins vorbeiflim­merte. Der ESC ist nichts für Zimperlich­e, das wissen wir. Viele Teilnehmer sind angezogen wie Eiskunstlä­ufer aus Las Vegas, und niemand kann erklären, warum das so ist.

Kroatien machte einem einfach nur Angst. Und Portugal war eh hübsch. Aber warum wurde die Schwester des Siegers, die offenbar komponiere­n und singen kann, eigentlich bis zuletzt versteckt? Egal. Was bleibt, ist ein nackter Arsch. Die Vorjahress­iegerin Jamala aus der Ukraine sang gerade als Pausenfüll­er, da sprang ein in eine australisc­he Flagge gehüllter Mann auf die Bühne und umtänzelte sie kurz. Da man bei der ganzen Show ohnehin nicht alles versteht, dachte man sich nichts weiter. Doch dann blitzte kurz ein nackter Hintern auf. Kurz darauf wurde der Mann abgeführt. Da erkannte man das eben vollzogene Flitzertum. Jamala sang unbeirrt weiter, als habe der verrückte Onkel Wanja sich mal wieder bei der Familienfe­ier danebenben­ommen. Aber man kennt ihn und ist es gewohnt.

Ein politische­r Akt dürfte es nicht gewesen sein, denn der Mann, übrigens kein Australier, sondern Ukrainer und hauptberuf­lich Stalker, soll auch schon Brad Pitt und Leonardo DiCaprio angeflitzt haben. Der nackte Po war auch nicht der Grund für Israel, das Ende der Liveübertr­agung zu verkünden. Der Sender, der den ESC bisher übertrug, wird dichtgemac­ht. Vielleicht sollte man für 2018 gleich einen Israel-Urlaub buchen. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

Newspapers in German

Newspapers from Austria