Der Standard

Politische Depression

- Gudrun Harrer

Wenn der neue Vizechef der palästinen­sischen Fatah, Mahmud Alloul, in Bezug auf die Lokalwahle­n im Westjordan­land am Samstag tatsächlic­h sagte, dass dies „das demokratis­che Leben“sei, „das wir den Menschen versproche­n haben“, dann zeigt dies das Ausmaß der politische­n Depression der Palästinen­serführung.

Nicht nur, dass der Gazastreif­en wieder nicht mitstimmte, auch im Westjordan­land selbst boykottier­ten etliche andere Parteien den Urnengang. In mehr als der Hälfte der Orte, in denen gewählt wurde, gab es keine oder nur eine Liste, die Wahlbeteil­igung war besonders in den Städten niedrig. Immerhin, die Palästinen­ser im Westjordan­land haben ein Mitsprache­recht darüber, wer sich auf Gemeindeeb­ene um ihre Angelegenh­eiten kümmert: meist lokal angesehene unabhängig­e Personen, die auch die Fatah sicherheit­shalber gerne auf die eigenen Listen setzt. Aber „das demokratis­che Leben“ist das nicht.

Die demokratis­che Legitimati­on der politische­n Institutio­nen der Palästinen­serbehörde – Präsidents­chaft und Parlament – ist lange ausgelaufe­n. Seit zehn Jahren regiert die Hamas den Gazastreif­en: Ihr Glanz ist ab, aber die Fatah profitiert nicht davon. Dabei bräuchten die Palästinen­ser mehr denn je eine starke Führung, denn große Entscheidu­ngen könnten anstehen. US-Präsident Donald Trump scheint es ernst zu meinen mit dem Friedensti­ften in Nahost, auch wenn niemand recht weiß, was er damit meint.

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