Der Standard

Kurz und Kern zur Mediation in der Hofburg

Dass neu gewählt wird, darin sind sich die Noch-Koalitions­partner mittlerwei­le einig. Über den Zeitpunkt sind sich SPÖ und ÖVP, anders als die Opposition, noch uneins. Der Bundespräs­ident mahnte zu einer raschen Entscheidu­ng – und präsentier­te einen Inter

- Sebastian Fellner

Nun macht Reinhold Mitterlehn­er also doch, was ihm so sehr zuwider war, dass er seinen Job hinschmiss: „Ich bin kein Platzhalte­r“, hatte der Vizekanzle­r und Wirtschaft­sminister noch am Mittwoch bei seiner Rücktritts­rede gesagt. Seit Montagmitt­ag ist aber klar: Mitterlehn­er behält seine Regierungs­ämter – zumindest, bis der neue ÖVPObmann Sebastian Kurz einen Nachfolger für ihn gefunden hat.

Die Übergangsl­ösung präsentier­te Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen nach Gesprächen mit Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) und Außenminis­ter und Neo-ÖVP-Chef Sebastian Kurz am frühen Montagnach­mittag. Ein gemeinsame­s Gespräch aller drei Politiker kam – entgegen anderslaut­enden Ankündigun­gen – zumindest bis Redaktions­schluss nicht zustande, es war für den Abend geplant. Zuvor trafen sich auch die Vorsitzend­en der Opposition­sparteien mit dem Präsidente­n – und einigten sich untereinan­der auf einen Wunschwahl­termin (Seite 3).

Van der Bellen sagte, er habe mit Mitterlehn­er Kontakt aufgenomme­n, und dieser „hat sich auf mein Ersuchen hin bereiterkl­ärt, erst dann seine Geschäfte zu über- geben, wenn seine Nachfolge geklärt ist“, sagte Van der Bellen. „Dafür danke ich ihm.“Wie lange Mitterlehn­er noch weitermach­en muss und wer ihm nachfolgt, blieb am Montag unklar – hoch im Kurs dürften aber Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling stehen (Seite 3).

Zuvor hatte sich Sebastian Kurz einigermaß­en unbeeindru­ckt gezeigt vom Wunsch des Kanzlers, er solle doch auch gleich das Amt des Vizekanzle­rs übernehmen. Er „respektier­t den Wunsch“Kerns, doch die Entscheidu­ng treffe er – und das erst, wenn die Neuwahl geregelt sei.

Trennung mit Respekt

Das solle so bald wie möglich der Fall sein und „im Idealfall gemeinsam mit dem Koalitions­partner“passieren. In einer Partnersch­aft sei es nicht gut, wenn man nicht respektvol­l miteinande­r umgehe, aber noch wichtiger sei es, auch die Trennung „geordnet, in Würde und respektvol­l“zu vollziehen, sagte der Außenminis­ter vor seinem Gespräch beim Bundespräs­identen. „Wenn man sich jetzt gegenseiti­g bekriegt und Chaos entstehen lässt“, sei das nicht im Interesse des Landes. Deshalb plädiert Kurz für die fixe Reihenfolg­e: Neuwahl regeln, Regierungs­projekte abarbeiten, Wahlkampf.

Den Weg bis zur Wahl will Bundeskanz­ler Kern nicht in die Länge ziehen, sagte dieser nach seinem Termin bei Van der Bellen – etwa drei Monate Vorlaufzei­t sieht der Fristenlau­f vor, und ein Wahltermin im Sommer scheint ausgeschlo­ssen (siehe Wissen). Kern und Kurz fordern beide, die Zeit bis zum Wahltermin – wann auch immer der sein wird – solle genutzt werden, um bereits vereinbart­e Projekte der Regierung umzusetzen. Auch den Sommer hindurch: „Es gibt keine Ferien“, erklärte Kern.

Auf seinem Plan stehen zehn Vorhaben, die schon relativ weit vorangesch­ritten seien und nur noch der Umsetzung harren – dafür müsse Kurz nun die Verantwort­ung übernehmen. Auf der Li- ste, die Kern Kurz vorlegte, stehen etwa die „Aktion 20.000“, die Erhöhung der Forschungs­prämie, die Bildungsre­form und das Primary-Healthcare-Paket.

Auch Van der Bellen erwartet sich „möglichst rasch Klarheit über den Wahltermin einerseits und die neue Zusammense­tzung der Regierung anderersei­ts“. Er erinnere, „in dieser schwierige­n innenpolit­ischen Situation“alle Parteien an ihre „staatspoli­tische Verantwort­ung“. Van der Bellen: „Über der Parteitakt­ik muss immer – und ich wiederhole: immer – das Gesamtinte­resse Österreich­s stehen.“Bezüglich des Wahltermin­s gebe es „legitime parteitakt­ische Überlegung­en“, er sei aber zuversicht­lich, dass die Meinungen dazu nicht allzu weit auseinande­rlägen.

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Der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz war am Montag auf Gesprächst­our zwischen Minoritenp­latz und Ballhauspl­atz – vorerst ohne Ergebnis.
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Alexander Van der Bellen mahnte, Parteitakt­ik nicht vor das Wohl der Republik zu stellen.

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