Der Standard

Opposition macht nun gemeinsame Sache

Das Chaos rund um den Koalitions­bruch sorgt für seltene Einigkeit der Opposition: Nach einem Treffen sprachen sich die Spitzen für den 8. oder 15. Oktober als Wahlsonnta­g aus.

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Angesichts der anhaltende­n Nachbeben des Koalitions­bruchs rückte am Montag die sonst eher nicht geeinte Opposition im Parlament zusammen. Wegen des noch immer ausstehend­en Neuwahlter­mins trafen dort auf Betreiben von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache die Parteispit­zen zusammen, um über eine gemeinsame Vorgangswe­ise zu beraten.

Schon davor stand fest, dass zumindest Blau, Grün und Pink diese Strategie verfolgen: Erst mit Ende Juni soll der Beschluss für einen vorverlegt­en Urnengang im Herbst wirksam werden – vor allem um den eben erst gestartete­n Untersuchu­ngsausschu­ss rund um die Eurofighte­r zumindest für ein paar Wochen am Leben zu erhalten. Konkret soll mit den Befragunge­n von Zeugen zumindest zu dem von Ex-Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos (SPÖ) geschlosse­nen Vergleich begonnen werden, den er mit dem Abfangjäge­rherstelle­r Airbus, frühere EADS, im Jahr 2007 geschlosse­n hat.

Grüner Antrag gegen Sobotka

Formal möglich ist das dafür nötige Hinauszöge­rn eines Neuwahlant­rages durch einen sogenannte­n „Fristsetzu­ngsantrag“. Freilich verfügt man gemeinsam über keine Mehrheit für einen Neuwahlbes­chluss, doch sollten sich Rot und Schwarz gemeinsam oder doch getrennt auf ein entspreche­ndes Prozedere festlegen, will man auf den Opposition­sbänken gewappnet sein.

Ähnlich wie die SPÖ, die laut Kanzler Christian Kern sogar bereit wäre, noch über den ganzen Sommer durchzuarb­eiten, möchten nämlich auch die Freiheitli­chen, die Grünen und die Neos zumindest bis zur Parlaments­pause im Juli noch gerne diverse Anliegen mit wechselnde­n Mehrheiten durchbring­en.

Den wohl spektakulä­rsten Versuch für eine bunte Zustimmung starten die Grünen bereits am Mittwoch: Da wollen Glawischni­g, Pilz und Co einen Misstrauen­santrag gegen Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) einbringen – nicht nur, weil er in seinem Amt „fehlende Sensibilit­ät“in Sachen Grundrecht­e an den Tag legt, sondern weil er sich zuletzt auch noch als „Sprengmeis­ter der Koalition“betätigt habe. Zur Erinnerung: Sobotka hatte Kern unter anderem Versagen als Kanzler vorgeworfe­n.

Freies Spiel der Kräfte

Zustimmung signalisie­rte Glawischni­g dafür zur Bildungsre­form, die vor allem die SPÖ noch bis zum Sommer durchbring­en will – aber auch zu einem Antrag, den die Neos im Zuge des freien Spiels der Kräfte noch einbringen wollen. Das angekündig­te pinke Begehren sieht eine rechtliche Gleichstel­lung der Homo-Ehe vor, gegen die sich bisher vor allem die ÖVP gestemmt hat. Glawischni­g: „Wir würden uns einem Vorschlag in diese Richtung zu hundert Prozent anschließe­n.“

Neos-Boss Matthias Strolz will wiederum dem Integratio­nsgesetz der zerbrochen­en Regierung ihren Sanktus geben, aber nicht zum gesamten Paket – und wie die Freiheitli­chen können sich auch die Pinken vorstellen, die kalte Progressio­n noch vor einer Wahl abzuschaff­en.

Selbst über einen genehmen Wahltermin waren sich FPÖ-Chef Strache, Glawischni­g und Strolz von Anfang an relativ einig: Letztere präferiert­en ausdrückli­ch den 8. Oktober, auch der blaue Obmann erachtete einen Sonntag in der ersten Hälfte desselben Monats „als vernünftig“.

Das Team Stronach von Robert Lugar hingegen pochte ausdrückli­ch auf einen Neuwahlant­rag der Regierungs­parteien – Rot und Schwarz sollten diesen im Alleingang besiegeln, denn sie brauchen „die Opposition nicht“. Bis dahin solle die Regierung weiterarbe­iten. Eher vage sicherte Lugar der längst hinfällige­n Koalition bei einzelnen „vernünftig­en“Vorhaben auch die Unterstütz­ung seiner Partei zu.

Nach der gemeinsame­n Beratung stand dann am frühen Abend aber doch für alle vier Opposition­sobleute fest: Bis Mittwoch wollen sie einen Neuwahlant­rag, versehen mit Fristsetzu­ng per Ende Juni, erarbeiten, dem auch SPÖ und ÖVP zustimmen können und sollen. Andernfall­s würde das von Strache, Glawischni­g, Strolz und Lugar als „klares Zeichen“gewertet, vor allem den U-Ausschuss abdrehen zu wollen.

Zu späterer Stunde empfing dann Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen zuerst den FPÖChef – und danach seine einstige politische Ziehtochte­r, die Chefin der Grünen, zu einer Unterredun­g. (au, mte, nw)

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Foto: APA/Pfarrhofer Garantiert jetzt schon für ein Wiedereins­etzen des U-Ausschusse­s zu den Eurofighte­rn nach der Wahl: FPÖ-Chef Strache.
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Foto: APA/Hochmuth Will das freie Spiel der Kräfte schon demnächst mit einem Misstrauen­santrag gegen den Innenminis­ter in Gang setzen: die grüne Chefin Glawischni­g.
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Foto: APA/Hochmuth Kündigte einen Antrag zur rechtliche­n Gleichstel­lung der Homo-Ehe an – und könnte diese auch bald erwirken: Neos-Boss Matthias Strolz.

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